Social Networks: Wackelt der Zaun?

Social Networks kosten Zeit. Und weil diese endlich ist, ist die Grenze des Wachstums der Social Network-Landkarte vermutlich bald erreicht. Ob das Mitnehmen von Daten von einem Netzwerk ins andere wirklich von den Großen als Option gesehen wird? Zumindest sind Mitarbeiter von Plaxo, Facebook und Google der Data Portability Workgroup beigetreten.

Kurz zum Problem: Jenseits des Spieltriebs überlege ich mir, was ich davon habe, ein digitales soziales Netz aufzubauen und zu pflegen. Und noch eines. Und noch eines. Bei mir ist die Müdigkeit bereits nach drei sozialen Netzwerken eingekehrt: Xing, Facebook, Twitter erfüllen meinem Bedarf an Vernetzung vollkommen. Und auch sie sind mir manchmal fast zu viel. Einladungen zu anderen Netzwerken nehme ich zur Zeit nicht an. Das geht natürlich auch anderen so, wie Robert Basic in einer sehr treffenden Betrachtung der Thematik erläutert. Denn selbst wenn ich einen großen Teil meiner Bekannten im nächsten Netzwerk wiedertreffe, muss ich alle Kontakte in jedem Netz mühsam wieder aufbauen. Ein derzeit oft diskutierter Ausweg ist der, dass den Mitgliedern eines Netzwerks ermöglicht wird, ihre Kontakte in ein anderes mitzunehmen – wider die Geiselhaft der Daten meiner Freunde.

Zwei Überlegungen dazu:

  • Auch wenn sich die Data Portability Workgroup nun über namhafte neue Mitglieder freut: Ich vermag nicht einzuschätzen, ob diese tatsächlich den Zaun um die Daten einreißen möchten. Es gibt oft genug Standardisierungsgremien und Arbeitsgruppen, denen ein Unternehmen beitritt, nur um zu sehen, was dort diskutiert wird bzw. um diese Gruppe im eigenen Sinne zu beeinflussen, wie auch Charlene Li von Forrester anmerkt. Reine Spekulation im Moment; die Zeit wird’s zeigen.
  • Selbst wenn ich die Daten meiner Freunde mitnehmen kann: Was habe ich davon, nach Facebook nun auch zu Plaxo zu gehen und dort die selben Leute zu treffen? Sinn hat das Ganze aus meiner Sicht nur, wenn ich unterschiedliche soziale Netzwerke für unterschiedliche soziale Rollen nutzen kann. Wenn ich z.B. neben einem Business-Network eines für meine Lieblingssportart habe und eines für irgendein anderes mir wichtiges Hobby – und vielleicht eines für heimarbeitende Väter mit Kind und Hund. Doch selbst in einer solchen Konstellation muss mir das Netzwerk mehr bieten, als mein Nachbar, bei dem ich klingle, um mich zum Sport zu verabreden oder der mal den Hund ausführen kann. Ach so, ich hab ja gar keinen … Hund.

Bin sehr gespannt, wie sich das weiterentwickelt. Potenziale für spezialisierte Netzwerke sehe im Moment am ehesten. Wobei die damit leben müssten, weit weniger Wachstumsmöglichkeiten zu haben als Facebook & Co. – was vermutlich nur zwei Geschäftsmodelle zulässt: Die Finanzierung aus Mitgliedsbeiträgen. Oder durch Unternehmen, die das Ganze als Marketingmaßnahme starten. Dass letzteres auch nicht ohne Risiko ist, ist eine andere Geschichte…

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Update (11.30 Uhr): Sehe gerade einen guten Artikel auf taz online zum Thema

10 Kommentare

  1. Genau das ist die (oder vielleicht nur eine?) Schwäche der SNS: Es kann nur eines geben, DAS Netzwerk.

    Netzwerke in mehreren Ebenen können nur funktionieren, wenn die Beziehungen der Mitglieder transparent sind. Das Mitglied mit der ID AXY in Netz 1 muß also automatisch jenes AXY auch in 2 sein (können), damit die Mauer überwindbar wird. Die Beziehungen zwischen den existierenden Menschen sind ja auch eindeutig – its simple as this.

    Andernfalls bleiben wir bei nichts anderem wie Portalen oder den guten alten Foren – mit allen Fakes und Pseudos.

    Eine monopolfunktionale OpenID (jedenfalls eine zentrale Identitätsstelle) könnte die Lösung für diese Frage sein, würde aber neue Probleme für den Identitätsschutz aufwerfen. Immerhin warte ich gespannt auf den Service, der das Hosten des persönlichen Datensatzes anbietet. Ein Datensatz (XML?), der dann nur noch mit dem Profil des Netzwerkes X verlinkt werden muß. Alle Beziehungen sind dann sogleich abgebildet.

    Geschäftsidee? Nunja, da wird es richtig teuer…

    Brenrhad

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  2. Ich weiß nicht, ob ich „DAS“ SN möchte – aber der Logik nach hast Du Recht, dass es wahrscheinlich nur ein großes Netzwerk geben kann, das einen weitgehend universellen Anspruch hat.

    Der Punkt des Identitätsschutzes ist sicher sehr wichtig: Schließlich möchte ich nicht, dass jeder anhand einer ID nachvollziehen kann, welchem Hobby ich in welchem Netzwerk nachgehe. Das hat gar nichts mit halblegalen Schmuddelthemen zu tun, sondern mit Selbstbestimmung. Schließlich blogge ich hier auch nicht über Privatangelegenheiten.Ich würde also gerade bei spezialisierten SN vorziehen, wenn ich dort pseudonym aktiv sein könnte, damit meine sozialen Rollen sauber getrennt bleiben.

    Klar könnte ein solches Rollenmanagement auch von einem Dienstleister angeboten werden. Allerdings hätte dieser Dienstleister ganz fix die Abgesandten des Herrn Schäuble vor der Tür…

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  3. Thomas, ich stimme dir in vielen Dingen zu, doch bei einem habe ich eine Frage. Du meinst, dass neue Social Networks sich auf eine Nische beschränken müssen (da stimme ich zu), und daher andere Möglichkeiten der Monetarisierung finden müssen. Welche Risiken siehst du für Social Networks, die Firmen als Marketingmaßnahme starten, z.B. um die Kundenbindung zu erhöhen? Viele Zeitungen haben jetzt schon Foren und Kommentar-Systeme, worin besteht das Risiko, dort auch ein Freunde-Netzwerk aufzubauen, insbesondere, wenn ich Daten aus bestehenden Netzen mitnehmen kann?

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  4. Ein Risiko sehe ich in der langfristigen Akzeptanz von Marketing-Netzwerken. Die dürfte sehr von der Positionierung des SN und dem Vertrauen der User abhängen. Versteht sich z.B. ein Unternehmen als Gastgeber, der das SN v.a. zur Vernetzung oder zur Kundenbindung nutzt? Dann vertraue ich als User der Sache eher. Oder soll das SN aktiv zur Kundengewinnung genutzt werden? Dann werden womöglich Daten der User systematisch genutzt – Stichwort Behavioral Targeting. Fragt sich, ob die Nutzer das akzeptieren.

    Ich gehe davon aus, dass gerade im zweiten Fall ein heftiger Zielkonflikt zwischen Usern und Anbietern entstehen kann. Im schlimmsten Fall kann ein solcher offen ausbrechender Konflikt die Reputation eines ganzen Unternehmens gefährden und nicht nur das SN an die Wand fahren.

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  5. Wie man momentan am Beispiel des StudiVZ erkennen kann, ist die Nutzung persönlicher Daten zum Zwecke personalisierter Werbung ein riskantes Feld.
    Mein Eindruck ist, dass die Nutzer sozialer Netzwerke zwar unheimlich viel von sich Preis geben, sogar intimste Dinge – aber auf keinen Fall sollen diese Daten für etwas anderes als eben soziale Zwecke verwendet werden.

    Deshalb sollten Unternehmen auch extrem vorsichtig sein wenn sie ein SN aufbauen möchten. Sonst ist nachher der Schaden wirklich um einiges größer als der Nutzen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: SN zum branding – ja. Aber zu sonst nichts.

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