Corporate Weblogs: Auf der Suche nach dem Konzept. Heute: Coca Cola

Cola-Blogger Phil Mooney (Foto: Coca Cola Company)Seit ein paar Tagen gibt es nun auch von Coca Cola ein Corporate Weblog. Und ehrlich gesagt ging es mir zunächst genauso wie Brendan Cooper, der keine riesige Lust hatte, das Ding näher anzuschauen. Er hat’s dennoch getan – und mich auch dazu gebracht. Was ist nun das Besondere am Cola-Blog? Es wendet sich an echte Sammler, an Liebhaber der Marke Coca Cola. Und wer schreibt? Der Chef-Historiker und Archivar des Unternehmens. Das dürfte manchen überraschen. Auch, dass mit Phil Mooney ein Mitarbeiter zum Blogger wird, der schon seit 30 Jahren für die Coca Cola Company arbeitet.

Also: Coca Cola hat unter den eigenen Mitarbeitern keine jung-dynamischen Manager als Blogger gesucht, sondern einen Fachmann, der sich seit Jahren mit der Marke Coca Cola beschäftigt und im weitesten Sinne der Unternehmenskommunikation zugeordnet werden könnte. Und wie Brendan zu Recht meint: Man merkt ihm den Historiker an. Er ist der nette Archivar, der sich freut, der Netzgemeinde ein paar seiner Schätze zu zeigen. In seinem Eröffnungspost kündigt er an:

„We’ll talk about people who collect Coke memorabilia, the items they collect and the stories they tell. We’ll talk about recipes made using Coca-Cola and our other drinks. We’ll talk about what’s happening today with Coke – and how it relates to things from our past. And we’ll talk about the new World of Coca-Cola in Atlanta, which just opened last summer.“

Es dürfte weltweit nur wenige Marken geben, deren Eigentümer sich einen solchen Schuh anziehen könnten. Denn welche Marke hat schon eine ganze Sammlergemeinde und eine jahrzehntelange (Werbe-)Geschiche hinter sich? Mir fallen spontan vor allem noch ein paar Automarken ein.

Ein paar Gedanken zum Konzept:

Coca Cola betreibt in seinem Blog intensives Storytelling. Einerseits kein Wunder – schließlich ist Cola nicht gerade ein Produkt, das laufend mit berichtenswerten Innovationen daherkommt. Andererseits sind diese Geschichten für Fans der Marke sicher ganz nett – etwa, wenn gezeigt wird, wie sehr Coca Cola in der Alltagskultur der USA verankert ist und zum Beispiel ein Politiker erklärt, einem anderen anzubieten, gemeinsam eine Cola zu trinken, komme einem Friedensangebot gleich. Und ich bin mir sicher, dass Mooney aus seinen 30 Jahren Archivarbeit noch einige nette Geschichten zieht und diese immer wieder mit aktuellen Themen anreichern kann.

Klar ist jedoch, dass ein solches Corporate Blog den Long Tail der Themen und nicht die Massenaufmerksamkeit bedient. Vielleicht ist das sogar ein Erfolgsrezept von Corporate Blogs. Da Herstellung und Distribution im Vergleich zu anderen Kommunikationsmitteln extrem günstig sind, spricht manches dafür. In der Corporate Blog-Szene wird nach meiner Beobachtung die Frage des redaktionellen Konzeptes von Unternehmensblogs immer intensiver diskutiert. Firmen wie Daimler oder Frosta setzen eher auf inhaltliche Breite und eine Vielzahl von Autoren in einem Blog, um möglichst viele Facetten des Unternehmens bzw. der Marke zu zeigen. Nach meiner Einschätzung ist es damit jedoch schwieriger, dauerhaft Leser zu binden. Andererseits kann so eine gewisse Verschränkung von interner und externer Kommunikation entstehen. Coca Cola kündigt dagegen weitere Corporate Blogs an. Dies deutet für mich auf eine zielgruppenspezifische Bloglandschaft hin. Aus meiner Sicht ein logischer Ansatz, denn die einen interessieren sich vielleicht für Cola-Werbung, andere für den Vertrieb, wieder andere für Geschäftszahlen oder für die Coca Cola Company als Arbeitgeber. Laut einem Cola-Manager denkt das Unternehmen auch über Blogs zu aktuellen gesellschaftlichen Themen wie AIDS oder der Umwelt nach.

Wie sich das Cola-Blog entwickelt, muss sich noch zeigen. Als Nicht-Enthusiast kann ich mir nicht unbedingt vorstellen, es zu abonnieren, aber ich bin damit ja nicht in der Zielgruppe. Mich wundert allerdings, wie es das Unternehmen schafft, die Technorati-Autorität konsequent auf Null zu halten und dass auch Google keine Verweisseiten findet.

(Disclaimer: Im Auftrag der Daimler AG haben wir in einem Projektseminar Begleitforschung zum Daimler-Blog betrieben. Mehr dazu demnächst.)

13 Kommentare

  1. Interessant. Coke bloggt soszusagen im Longtail. ;)

    Ein Holperer zu dem ich jetzt auch gleich noch was Blogge:

    Disclaimer = „Diese Meinungen sind nicht die meiner Firma/meines Chefs“ (= „I do not claim that I speak for my company.“)

    Disclosure = „Ich blogge über Kunden“ (= „I disclose information you probably do not have now.“

    Oder irre ich?

    Like

  2. Das mit der Technorati-Authority bei derzeit 24 Blogreactions scheint eher ein hausgemachtes Technorati-Problem zu sein. Die TA macht seit Wochen bei einigen Blogs rasante Sprünge, man bastelt wohl … Wo die Googlelinks geblieben sind, ist mir auch nicht erklärlich. Dafür gibt es aber schon mal 24 bookmarks bei del.icio.us. Scheint die Welt drauf gewartet zu haben, dass Coke bloggt.

    Like

  3. Das Beispiel eines solch exponierten Unternehmens ist natürlich ein gern gesehener Beleg für die Veränderungen, die wir in der öffentlichen Kommunikation erleben. Insofern vermute ich, dass die erste Aufmerksamkeit v.a. von Kommunikations- und Marketingleuten wie uns stammt. Wobei dafür 24 Bookmarks eigentlich ziemlich wenig sind und darauf hindeuten, dass das Medium Corporate Blog allein immer weniger die Botschaft ist. Gut so.

    Aber wie auch immer: Wer sich in den kommunikativen Long Tail begibt, kann langfristig nur in begrenztem Maße mit TA etc. gemessen werden. Ich vermute sogar, dass die von Cola angesprochene Zielgruppe gar nicht so aktiv bzw. kommunikativ ist, sondern wahrscheinlich eher in einer passiven (= lesenden) Rolle bleibt. Von außen ist es da schwer, den Erfolg eines Corporate Blogs einzuschätzen.

    Like

  4. Also das konzept hinter unserenm Corporate Blog ist eher das es kein direktes konzept gibt. jeder der bei uns im unternehmen was sagen möchte darf das…ich erzähl zwar am meisten, weil ich den Blog irgendwie als mein kind sehe, aber jeder der will darf, aber wir drängen auch keinen dazu…
    themen sind auch völlig frei wählbar…

    Like

  5. @dominik: Klar, das Konzept dieses Cola-Blogs spricht nur eine kleine Zielgruppe an. Und wie gesagt: Ich würde es mir auch nicht abonnieren. Andererseits kann man mit diesen Themen nicht viel so falsch machen. Für den Anfang vielleicht gar keine schlechte Strategie. Fragt sich, was diesem ersten Projekt folgt.

    @Georg Krüger: Finde ich auch spannend. Das Nicht-Konzept als Konzept hat die große Chance, dass es den Autoren viel Spaß macht und sich dieser auf die Artikel auswirkt. Was gern geschrieben wird, wird auch eher gelesen…

    Andererseits ist die Frage, wen man erreicht, je größer die Spannweite der Themen ist. Gehe ich mal von mir selbst aus, so möchte ich schon wissen, was mich erwartet, wenn ich ein Blog abonniere. Eine Mischung aus Fachthemen und Freizeittipps z.B. würde mich nicht ansprechen. Wobei das vermutlich anders ist, wenn man die Leute hinter einem Blog gut kennt. Dann interessiert den Leser vielleicht viel mehr, was die Autoren beschäftigt, und zwar auch jenseits der Arbeit.

    Like

  6. ja, da bin ich einverstanden. Wenn man sich ans Corporate Bloggen heranwagt, kann es nicht schlecht sein, zuerst einmal an der transparenten und dialogischen Kommunikation zu schnuppern, um Erfahrungen zu sammeln. Und wenn da in Zukunft noch weitere Cola Blogs kommen, dann bin ich gespannt und hoffe, dass es auch um „relevantere“ Themen geht, bzw. solchen, die einer der stärksten Marken der Welt gerecht werden.

    Like

  7. Zum Ende des ersten Beitrags wird ja angekündigt, daß es noch weitere Informationen zur Begleitforschung des von Coca Cola initiierten Blogs gibt (Disclaimer: Im Auftrag der Daimler AG haben wir in einem Projektseminar Begleitforschung zum Daimler-Blog betrieben. Mehr dazu demnächst.). Darauf bin ich sehr gespannt.
    Bislang scheint mir die ungeklärte Frage noch immer zu sein, wie weit sich ein Unternehmen auf die Eigenlogik einer solchen Kommunikationsmaßnahme wirklich einläßt bzw. einlassen kann/darf. Die heikle Aktion heißt Unternehmenskritik, die heikle Reaktion Unternehmenszensur.
    Sehr von Vorteil schätze ich die Tatsache ein, daß der Chef-Historiker und -Archivar von Coca Cola den Blog betreibt, das verbürgt Glaubwürdigkeit und gibt einen sehr begrenzten Themenfokus vor, der von sich aus schon Filterfunktion besitzt.
    Sicher wird die Begleitforschung, von wem auch immer betrieben, weiterlaufen, allein schon der kommunikativen Hygiene wegen (Netiquettewahrung), so daß es interessant wäre, wenn Coca Cola ab und zu mal in seine Karten blicken lassen würde, so weit es dieses Experiment betrifft, nicht zuletzt dann, wenn die angekündigte Absicht, noch weitere Corporate Blogs aufzusetzen, wahrgemacht werden sollte.

    Like

  8. Danke für Ihre Anmerkungen, Herr Hellmann. Da ich in meinem Beitrag auch das Daimler-Blog erwähnt habe, habe ich der Transparenz halber darauf verwiesen, dass ich dieses nicht nur aus der Außenperspektive kenne, sondern dass wir dies in der Anfangsphase begleitet haben. Dies gilt nicht für das Coca Cola-Blog. Weitere Einblicke habe ich hier also nicht.

    Einige Ergebnisse der Begleitforschung zum Daimlerblog wurden veröffentlicht, und zwar hier und da
    Zu dem von Ihnen erwähnten schwierigen Punkt der Kritik: Es gibt Firmen, die in ihrem Corporate Blog kaum Kritik zulassen und Kommentare von Lesern erst einmal in eine Moderationsschleife nehmen, um vorselektieren zu können. Ich halte dies für den falschen Weg. Denn erstens ist die Gefahr, mit Zensur in Verbindung gebracht zu werden, viel zu groß und zweitens wird Kritik dann an anderer Stelle geäußert, und dort ist es für ein Unternehmen meist viel schwieriger, damit umzugehen. Ohne Offenheit funktioniert die Sache aus meiner Sicht nicht dauerhaft. Daimler ist das Thema übrigens offen angegangen: Kommentare von Lesern werden direkt, also ohne Moderation, veröffentlicht – und ist bisher damit sehr gut gefahren. Das mag auch an der Kommentar-Policy liegen, die für jeden einsehbar veröffentlicht wurde. Nur in einem Fall wurde moderierend eingegriffen: Als sich zwei Leser beharkt haben.

    Meine Zwischenbilanz zu diesem Punkt: Unternehmen müssen sich vor Offenheit gar nicht so sehr fürchten, wie sie oft meinen. Aber sie müssen willens und in der Lage sein, sich auf einen Dialog einzulassen, wenn sie den Schritt ins Social Web machen wollen.

    Like

Kommentare sind geschlossen.