Daimler: Ein Schritt zur Company 2.0

Mit meinem engen Social Media-Blick ist mir Daimler in diesen Tagen gleich mehrfach positiv aufgefallen: Zunächst mit der Diskussion, die im Daimler-Blog zum neuen Sound-Logo offen geführt wurde. Viel mehr aber mit dem Thema „Business Innovation Community“. Bemerkenswert sind zwei Dinge: Erstens zeigt dieses Thema in Richtung „Enterprise 2.0“ – etwas, das für ein alteingesessenes Großunternehmen allein schon bemerkenswert ist. Zweitens aber wird das Thema im Daimler-Blog sehr offen diskutiert. Daimler-Mitarbeiter Mario Jung stellte die Plattform gestern nicht gerade unkritisch vor – heute antwortet der Verantwortliche für das Projekt, Michael Kuhn, mit einem eigenen Beitrag im Daimler-Blog.

Aus meiner Sicht werden die Möglichkeiten eines Business Blogs auf diese Weise hervorragend genutzt. Das Ganze kann nach innen motivierend und nach außen imagebildend wirken. Was für einen großen Schritt ein solches Vorgehen für die Kultur eines Konzerns bedeutet, kann jeder, der in einem solchen einmal gearbeitet hat, ablesen. Klar, ein solches Beispiel steht zunächst für einen Einzelfall. Dass dieser Einzelfall jedoch möglich ist – ein Mitarbeiter äußert sich öffentlich (und nachvollziehbar kritisch) zu einem Vorgang im Unternehmen, der Verantwortliche nimmt den Dialog auf – ist meiner Meinung schon ein gutes Zeichen.

Und als solches werte ich auch die grundsätzlich Idee einer internen Innovationsplattform: Ähnlich wie Dell oder Starbucks macht sich Daimler Gedanken, wie das Unternehmen innovative (Geschäfts-)Ideen seiner Mitarbeiter oder/und Kunden nutzen kann bzw. wie man Mitarbeiter überhaupt motivieren kann, solche Ideen nicht für sich zu behalten. Hierzu wurde nun die erwähnte Plattform entwickelt. Die Diskussion zwischen Mario Jung und Michael Kuhn zeigt dabei nebenbei übrigens den PR-Leuten einige kommunikativen Herausforderungen bei der Einführung solcher Systeme – etwa, wenn es um die Abgrenzung zu bereits vorhandenen Prozessen geht („kontinuierlicher Verbesserungsprozess“). Überrascht hat mich, dass sich innerhalb von gut drei Tagen etwa 3.600 Mitarbeiter für die Innovationsplattform bei Daimler registriert haben. Hoffe, wir erfahren in ein paar Wochen, wie gut die Sache dann inhaltlich funktioniert.

Disclosure: Im Wintersemester 2006/07 2007/08 haben wir im Auftrag von Daimler mit einer Studentengruppe durch Begleitforschung die Einführung des Daimler Blogs begleitet. Am Ende sind dabei auch Vorschläge für die Weiterentwicklung des Blogs entstanden. Ein Mitglied der Studentengruppe hat anschließend im Rahmen eines Praktikums im Blog-Management bei Daimler mitgearbeitet.

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9 Kommentare

  1. Kleine Korrektur vom Ex-Daimler-Prakti und Noch-Student: Die Begleitforschung zum Daimler-Blog fand im Wintersemester 2007/2008 statt (nicht wie erwähnt im WS 2006/2007). Das Daimler-Blog wurde ja erst im Oktober 2007 gelauncht.

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  2. Ich bin auch reichlich überrascht, wie sich Daimler entwickelt. Klar, so ein Riesenschiff ist gar kein Schiff sondern eine Flotte mit vielen Einheiten. Es geht nicht überall gleich zu,.

    Aber wenn so etwas wie im Daimler-Blog und der internen Community möglich ist – dann gibt es wohl in der Flotte Hoffnung auf weitere Yachten 2.0 :-)

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  3. Als Sindelfinger bin ich mit dem „Kaufhaus Stern“ (so der interne Sindelfinger Ausdruck für das Unternehmen, da man in seinen Werkhallen alles – und ich meine wirklich alles – kaufen kann) aufgewachsen und habe den Daimler-Blog vom ersten Tag an gefeeded.

    Zugegeben ist der Daimler-Mitarbeiter-Blog ein netter Kommunikationskanal – aber mehr auch nicht. Angesichts eines mehrwöchigen Zwangsurlaubes bis Ende dieses Jahres, von gestrichenen Schichten und der Tatsache, dass für die meisten Zeitarbeiter hier im Werk Ende August „Schicht im Schacht“ ist, finde ich den Content im Daimler-Blog eben nicht mehr so nett… hier wird schön geredet, über Ausbildungen in Malawi oder eben den KVP.

    Cui bono?

    Den Mitarbeitern? Der Blog gibt ihnen einmal mehr das gute Gefühl, das ihr Unternehmen modern denkt und auch in seiner Kommunikation einmal mehr „state-of-the-art“ ist – allerdings ist es eben nur ein Gefühl.

    Der Kommunikationsabteilung? Das von Christian Fachat angesprochene „offene Feedback“ möchte ich sehen, wenn hier erstmal richtig die Fetzen fliegen – für sie ist das Mitarbeiter-Blog ein Experiment, das sich ein Unternehmen wie der Daimler leisten kann und muss – nicht mehr und nicht weniger.

    Dem Vorstand? Wohl am meisten, denn ein Mitmach-Web (so Christian Fach) suggeriert Mit-Entscheidung, Teilhabe, Einflussmöglichkeit….

    Warten wir’s mal ab, bis der erste Mitarbeiter im Daimler-Blog die „Butter bei die Fische tut“: Wenn er fragt, mit welchen Produkten der Daimler seine bzw. die Zukunft seiner Mitarbeiter sichern will? Und warum Entwicklungen, die dieser Zukunftssicherung hätten dienen können, nicht schon vor einer Dekade in Angriff genommen worden sind? Wenn die Option einer möglichen Unternehmens-Übernahme kontrovers diskutiert würde? Oder wenn eine Übernahme gar publik würde? Ich glaube, dass in allen diesen Fällen die Damen und Herren im Vorstand bzw. der Kommunikationsabteilung ganz schnell und mit Verve den reset-Knopf drücken würden.

    Blog hin, Web 2.0 her. Die Entwicklung des Unternehmens lässt uns hier in Sindelfingen nicht kalt. Wir haben unsere Fühler nach Detroit ausgestreckt. Wir sitzen in der Kneipe bei einem kalten Bier und schließen Wetten ab. Wir wetten darauf, welches große amerikanische Autounternehmen als erstes kippt. Ich habe auf GM gesetzt. Allerdings stehe ich damit alleine: die meisten setzen auf Chrysler. Und ihr alle wisst, was das für den „Tanker“ Daimler bedeuten würde.

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  4. @Matthias Hoffmann: Für mich ist klar, dass ein Business Blog wie das Daimler-Blog ein PR-Instrument ist – es soll der Reputation des Unternehmens dienen. Daimler möchte dies erreichen, indem (punktuelle) Einblicke in das Unternehmen geboten werden und Themen transportiert werden, die das Unternehmen ein wenig greifbarer machen. Im Orchester der PR-Maßnahmen ist da ein Blog sicher nur ein ganz kleiner Baustein (Sie schreiben von einem „netten Kommunikationskanal“). Es ist kein Geheimnis, dass ein solches Konzept immer wieder grundsätzlich diskutiert bzw. in Frage gestellt wird.

    Gleichzeitig ergibt sich aus der Konzeption, dass man von einem Business Blog kaum erwarten kann, dass dort grundlegende Geschäftsstrategien oder -entscheidungen verhandelt werden. Immerhin sehe ich aber die Möglichkeit des Erklärens bzw. des Nachfragens. Für ein großes Unternehmen kann das schon ein Schritt sein. Deutlich wird hier einmal mehr, wie eng Unternehmenskultur und Kommunikation zusammen hängen.

    Wo da die (thematischen) Grenzen liegen, ist natürlich sehr spannend und wird sich, wie Sie schreiben, erst zeigen müssen. Die Diskussion um die Innovationsplattform ist meiner Meinung eine kleine Grenzverschiebung und damit ein winziger Baustein in dieser schwierigen Thematik – ich behaupte, vor ein paar Jahren wäre selbst diese Diskussion so kaum möglich gewesen.

    Ein anderer Aspekt: Sie fragen „Cui bono?“ Ich denke, man sollte da die externen Stakeholder nicht außen vor lassen. Ein Bespiel: Offensichtlich schauen sich beispielsweise Leute, die überlegen, ob sie sich bei Daimler bewerben wollen, das Blog oft näher an.

    Aber alles in allem ist für mich klar, dass die Entwicklung von Business Blogs noch sehr am Anfang steht. Warten wir ab, wie sie sich entwickeln.

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  5. Ich finds beeindruckend wie ein solches Unternehmen wir Daimler einen Blog führt. Häufig verkommen solche Ideen in Unternehmen aus Angst sich zu weit zu Öffnen.
    Hier zeigt sich ein tolles „Best-Practice-Modell“ an dem sich andere Unternehmen orientieren können.

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