„Studie“: Das PR-Unwort

Es gibt so ein paar Begriffe, deren inflationäre Verwendung mich schüttelt. Heute mal wieder im Angebot: Die „Studie“. Ich gebe es ja zu: Das ist ein Begriff, auf den ich anspringe. Irgendwie habe ich immer noch im Hinterkopf, dass sich hinter diesem Etikett etwas Aussagekräftiges verbergen könnte. In der Regel assoziiere zumindest ich damit, dass ein Thema mit einer gewissen Systematik untersucht wurde und deshalb die Ergebnisse mehr sind als ein Blitzlicht ins Dunkel unseres Wissens.

Aber ich werde regelmäßig enttäuscht, mehrmals pro Woche. Eben schon wieder: Der erhoffte (und versprochene) Leuchtstreifen ist höchstens ein Fünkchen. Ich bin sauer auf den Absender einer Presseinfo genauso wie auf eine Redaktion, die versucht, aus dem ihr gelieferten Quark noch etwas zu machen. Und auf mich, weil ich drauf reingefallen bin. Worum geht’s diesmal? In einem Fachdienst lese ich: Eine PR-Agentur hat die Wirksamkeit von Medienberichten im Vergleich zu TV-Werbung und anderen Instrumenten untersucht. Und stellt dabei fest, die Pressearbeit, auf deren Initative die Medienberichte zu Stande gekommen sind, sei erstens für den Umsatz sehr wichtig und zweitens lasse sich ihr Wert exakt berechnen. So weit, so schön, ich möchte hierauf gar nicht näher eingehen. Doch nun kommt’s: Grundlage dieser Erkenntnisse ist das Beispiel eines einzigen Kunden der Agentur. Ich weiß schon, sowas könnte man als Fallstudie etikettieren. Aber welche Aussagekraft hat denn ein einsames Beispiel? Eben. Keine.

Liebe Leute, wenn Ihr dann noch verkürzend im Vorspann von „Studie“ sprecht und in der Überschrift so tut, als handle es sich um verallgemeinerbares Wissen, dann fühle ich mich einfach getäuscht. Und zwar auch von der Redaktion, die das durchgehen lässt bzw. mit einer eigenen Überschrift den selben Quark produziert. Hinter dem Ganzen steht doch die einfachste Sache der Welt: Die Agentur hat eine Dienstleistung entwickelt, und die will sie verkaufen. Ist ja ok. Aber erspart uns doch bitte diese pseudo-wissenschaftliche Verpackung. Und das gilt nicht nur für diesen Fall, sondern die vielen ähnlichen, die Tag für Tag produziert werden.

So. Dampfablassmodus aus. Zurück an die Arbeit.

Achso: Keine Lust auf Namensnennungen heute. (Nein, bin weder mit der Agentur noch mit der Redaktion verstrickt, nur ein kleiner Anfall an Milde).

7 Kommentare

  1. Ähnliche Gedanken gingen mir in letzer Zeit auch bei einigen „Studien“ durch den Kopf. Hier sind sie allerdings treffsicher und amüsant auf den Punkt gebracht.

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  2. Danke :-)

    Ja, es war genau dieses Beispiel, das mein Fässchen voller Duldsamkeit zum Überlaufen brachte. Strapaziert werden wir durch solches Zeugs ja ständig. Ich wette, in ein paar Wochen überlege ich, ähnliches wieder zu schreiben…

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  3. Wir werden unsere Studie jedenfalls nicht „Studie“, sondern „Analyse“ nennen …. :) Der Begriff ist nämlich leider entweder, wie hier beschrieben, bereits entwertet, oder wird, seitens der Wissenschaft, mit ganz bestimmten Attributen in Richtung „Quantität“ eingeengt.

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