Im Grenzgebiet der PR

Einen lebendigen Einblick in das Grenzgebiet zwischen Journalismus und PR gewährt heute ein anonymer Schreiber in der taz: Der Anonymos berichtet aus seinem Arbeitsalltag als freischaffender PR-Mensch, der sich vor allem auf Pressearbeit – also das Zuliefern von Material und Informationen an Redaktionen – spezialisiert hat. Davon ausgehend kann man sich natürlich trefflich über die Themen Berufswahl und PR-Ethik unterhalten.

Der Artikel bietet erfahrenden Journalisten und PRlern eigentlich nichts wirklich Neues, sondern einen Einblick in einen Alltag, den es so ähnlich auch schon vor zwanzig Jahren gegeben hat. Damals beschränkte sich die 1:1-Übernahme der Produkte der  Simulation von Journalismus weitgehend noch auf kleine Fachredaktionen, heute stehen auch Zeitungsjournalisten und andere Kollegen unter großem Druck, so dass sich das Grenzgebiet zwischen Journalismus und PR deutlich ausgeweitet hat und so mancher Sumpf entstanden ist. Insofern bietet der Erfahrungsbericht einmal jenseits erschreckender Entlassungszahlen in Redaktionen einen kleinen Einblick in den Alltag – über die Schulter eines Pressearbeiters hinweg. Wichtig ist mir allerdings die Einschränkung, dass hier nicht PR als Ganzes vorgestellt wird, sondern eine Facette.

Um noch zwei Anknüpfungspunkte zu Diskussionen in meinen Lehrveranstaltungen herzustellen:

  1. Zur Berufswahl: Nach meiner Erfahrung (nein, eine Statistik kenne ich dazu nicht) sind es vor allem die kleinen PR-Büros und Freiberufler (also meist Journalisten, die von den Aufträgen der Redaktionen allein nicht leben können), die weit in das graue Grenzland zwischen Journalismus und PR eindringen. Wir werden nächste Woche über den Berufseinstieg in die PR diskutieren. Ich bin gespannt, was sich die Studenten von ihrem Arbeitsalltag in der PR erwarten.
  2. Zur PR-Ethik: Wir haben letzte Woche in einem Seminar die gängigen PR-Kodizes diskutiert und auch die Frage, was eigentlich Wahrheit ist und wie man damit umgehen soll. Klaus Merten hat sich in dieser Diskussion ja viel Ärger (pdf) eingehandelt. Ich meine, weder die PR-Kodizes noch die – wichtige – Wahrheitsfrage lösen die ethischen Probleme wirklich. Bleiben wir damit ratlos uns selbst überlassen? Vielleicht. Ich bin mir nicht so sicher, was das wirklich beste ethische Fundament ist – bin aber bisher immer auf den Begriff der Verantwortung gestoßen. Und damit die Frage, ob ich mein Handeln (als PR-Mensch, Journalist oder, oder) verantworten kann: Vor mir selbst (kann ich noch in den Spiegel schauen?), vor dem Publikum/den Stakeholdern und vor dem Auftraggeber? Die Verantwortung liegt in diesem Modell also klar beim Einzelnen, der sich z.B. überlegen kann, wie weit er sich in das Grenzgebiet zwischen Journalismus und PR begibt. Da das Thema PR-Ethik aber aus meiner Sicht auch im Zusammenhang mit der Compliance-Debatte zu sehen ist, kann dieses Modell auch auf Teams, Agenturen oder Unternehmen bezogen werden.

Mir ist klar, dass dieser Vorschlag erst einmal einen Rohbau eines sehr schlichten, vielleicht naiven Modells ist. Aber vielleicht muss gerade ein praktikables Modell möglichst einfach sein. Fragt sich nur, ob es so seinen Zweck erfüllt. Was meinen Sie?

9 Kommentare

  1. „Der Artikel bietet erfahrenden Journalisten und PRlern eigentlich nichts wirklich Neues“

    Stimme zu, zudem missfällt die Schreibe. Der Beitrag ist im Lesefluss stockend, anstrengend zu lesen, man möchte bereits nach dem ersten Absatz abbrechen. Die prominente Darstellung ist mir rätselhaft.

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  2. Eine kleine Randbemerkung aus der Nachbarschaft:
    Österreich ist anders – so wird es oft vermerkt. Österreich ist auch in Sachen Medien- und PR-Ethik anders, anders als in Deutschland, wo einem gut situierten Presserat mit intensiver Spruchpraxis der PR-Rat folgte und inzwischen auch als etablierte Form institutionalisierter Selbstkontrolle einer Branche betrachtet werden kann. Zwischen den 60er Jahren bis 2001/2002 galt der Österreichische Presserat als ein Modell der Medienselbstregulierung; seit dessen Ende fehlt allerdings nicht nur ein Selbstkontrollorgan der österreichischen Medienlandschaft; wesentlich problematischer ist, dass ein wohl existierender Ehrencodex quasi ohne Sanktionsmöglichkeiten weiter besteht.
    Ziele und Konzepte zur Re-Installierung eines Presserates gab es viele – Oktober 2008 der zuletzt anvisierte Zeitpunkt (http://www.voez.at/b602m10). Bis dato ist allerdings noch nichts geschehen … außer, dass sich inzwischen ein PR-Ethikrat (http://www.prethikrat.at/de.html) formiert hat. Man darf also gespannt sein, was sich in dem Land mit der im Verhältnis zu den Einwohnern reichweitesten Tageszeitung der Welt (Kronenzeitung, MA 43 %) in den nächsten Monaten entwickelt – Modelle für ein verantwortungsvolles Verhältnis von PR-Schaffenden und JournalistInnen sind stets erwünscht … eine Berücksichtigung mehrdimensionaler Verantwortungsstrukturen ist dabei aber sicherlich notwendig, denn weder Individualethik (Verantwortung des einzelnen Journalisten, PR-Schaffenden etc.), noch Institutionenethik (unternehmerische bzw. Branchen-Verantwortung, Selbstregulierung) noch Ordnungsethik (Fremdregulierung, Verantwortung des Medien- und Kommunikationssystems) darf hier alleine stehen – ganz abgesehen von der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Öffentlichkeitsethik (Verantwortung des Publikums, der mündige Mediennutzer?).

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  3. Danke für Deinen Einblick in die österreichische Situation, Franzisca. Und ja, Du hast vollkommen recht: Allein auf Ebene des Individuums bzw. von Institutionen lässt sich das Thema Ethik nicht lösen – ein Gremium, an das sich z.B. Betroffene wenden können, ist auf zwingend notwendig – dieses wiederum setzt das Festlegen eines Rahmens, also eines Kodex, voraus. Wie dieser ausgestaltet ist, ist dann eine andere Frage.
    Mir ging es in meiner Betonung der Individualethik vor allem darum, ethische Fragen nicht einfach auf eine höhere Ebene abzuschieben, was nach meinem Eindruck in Streitfällen zu oft passiert. Vielleicht ist es sinnvoll, die Verantwortungsstrukturen als konzentrische Kreise zu verstehen, die ihren Ausgang beim Einzelnen nehmen…

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  4. oder als Spirale?!? aber Du natürlich Recht – auch auf Selbstregulierungsinstitutionen wie den Presserat wird vieles geschoben, bzw. argumentiert, wenn dieser erst installiert ist, dann wird alles gut…
    Die Frage ist aber tatsächlich eine des Zusammenwirkens, individuelles Handeln ist ja nur in Bezug auf einen bestimmten Kontext möglich…

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  5. Ich denke, ein weiterer interessanter Aspekt, neben der unbestritten wichtigen ethischen Frage, ist das Nachhaltigkeits- oder Erfolgsthema, welches am Ende des Artikels zur Sprache kommt.

    Wann ist eine PR-Aktion erfolgreich? Meiner Meinung nach natürlich dann, wenn ich mich danach noch ohne Gewissensbisse im Spiegel angucken kann (was ich bislang, zumindest vom ethischen Standpunkt aus gesehen, immer konnte). Was mir aber auch aus eigener Erfahrung auffällt, ist, dass sich die PR sehr oft nur um sich selbst dreht und dann, wie in dem Artikelbeispiel, mit Zahlen und Fakten um sich geworfen wird. Viel zu selten denken wir darüber nach, was die ganze Sache wirklich bringt und viel zu oft geht es nur um irgendeine Rechtfertigung nach innen. Am Ende ist das wahrscheinlich auch wieder eine ethische Frage oder zumindest eine um Wahrheit oder nicht.

    Und ich habe die Hoffnung, dass Social Media daran etwas ändern werden können…

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  6. @Franzisca: Stimmt, für das Bild der Spirale spricht einiges.

    @Lars Basche: Die Frage des Erfolges mit ethischen Überlegungen in Zusammenhang zu bringen, ist ein sehr guter Hinweis. Wichtig erscheint mir jedoch, hierbei auch einzubeziehen, welche Ziele mit einer PR-Aktion denn erreicht werden sollten (dazu gehört bei ihrer Festlegung die Frage, ob diese Ziele vertretbar sind). Sind die Ziele klar festgelegt, kann ich hinterher umso leichter den Erfolg überprüfen.

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