Information Overload? Mit TweetDeck und GMail besser durch die Fluten

Irgendwie tauchte das Thema „Infoflut“ in einigen Gesprächen der vergangenen Tage immer wieder auf. Klar, das Thema ist für praktisch jeden von uns erlebbar. Dabei ist das Bedürfnis groß, sich Tipps zu holen – schließlich ist wahrscheinlich, dass man noch einiges verbessern kann. Deshalb habe ich hier paar meiner Versuche notiert – in der Hoffnung auf weitere Anregungen in den Kommentaren ;-)

Mittlerweile sind Twitter, Mail und Instant Messaging meine wichtigsten Kommunikationskanäle. Mein Problem mit allen: Das persönliche Netzwerk wächst ständig. Sprich: Immer mehr Nachrichten von immer mehr Leuten (und Diensten). Die große Herausforderung: Wie sortiere ich Unwichtiges von Wichtigem? Zwei Tools helfen mir dabei nun recht gut: Für Twitter seit einiger Zeit schon TweetDeck und bei den Mails scheinen die gerade erst vorgestellten Multiple Inboxes für GMail gute Sortierdienste zu leisten.

Wie lassen sich die Tools nun genau einsetzen?

Twitter: Ich gebe zu, irgendwann bei 300 Abos begann der Leidensdruck – im Moment folge ich gut 400 anderen Twitterati. Das bedeutet, dass in manchen Phasen ununterbrochen Tweets auf den Bildschirm schwappen. Viel mehr, als man ich lesen kann. Erst habe ich die Abruffrequenz meines bis dahin liebsten Clients Twhirl verringert, inzwischen nutze ich dieses immer wieder aufpoppende Programm praktisch nicht mehr. Grund dafür ist TweetDeck, ein Twitterclient, der in den letzten Wochen in meinem Bekanntenkreis populär geworden ist. Hier lassen sich Informationsströme spaltenweise verfolgen: Meine News teile ich zum Beispiel in neun Ströme auf. So verwirrend das im ersten Moment zu sein scheint, so zufrieden bin ich damit. Um ein paar Beispiele zu geben: In eine Spalte laufen alle Tweets meines Netzwerkes. Dort schaue ich nur sporadisch rein. Die mir wichtigste Spalte jedoch ist die Spalte, in der ich die User gruppiert habe, die mir als Informationsgeber am wichtigsten sind. Sie bilden mein persönliches News-Netzwerk. Darin sind gerade so ein Dutzend Kontakte („Favoriten“). Eine weitere Gruppe heißt „Hochschule“. Darin sind (ehemalige) Studenten sowie meine Kollegen. Weitere Spalten gibt es für Direktnachrichten und Antworten sowie für bestimmte Suchbegriffe, beispielsweise zu Events oder Themen, die mich interessieren. Das Schöne ist, dass man bei Tweetdeck solche Gruppierungen bzw. Themenströme beliebig selbst zusammenbauen kann. Insgesamt habe ich das Gefühl, Twittermeldungen  so ganz gut in Bahnen lenken zu können: Wenn mal mehr Zeit ist, schaue ich in alle Spalten, habe ich weniger Zeit, schaue ich nur eine oder zwei an und – na klar – über unterschiedlich lange Phasen ignoriere ich das Ganze. Mobil nutze ich Twitter (derzeit) überhaupt nicht.

E-Mail: Natürlich ist man in den meisten Betrieben – so auch an unserer Hochschule – an das dort eingerichtete System gebunden. Dennoch dürften die meisten Nutzer viele andere Mails zu managen haben. Hier ist – allen Unwohlseins gegenüber Google zum Trotz – mein Favorit im Moment GMail. Schon seit längerem arbeite ich dort mit Labels, von denen ich wie beim Tagging mehrere pro Konversation vergeben kann. Und ich nutze intensiv die Filterfunktion. Newsletter, Beiträge aus Mailinglisten, Benachrichtigungen aus Content Management Systemen etc. verschwinden sofort und automatisch gelabelt im Archiv. Nur wenn Zeit ist bzw. bei Bedarf, schaue ich da rein. Sehr praktisch finde ich auch Funktionslabels. So habe ich irgendwann mal mit Labels wie „*Termin“, „**to do“ etc. zu arbeiten begonnen. Heute nun hat sich GMail für mein Empfinden TweetDeck angenähert: Denn mit den „multiple Inboxes“ hat man nun nicht mehr nur die normale Inbox im Blick, sondern man kann sich mehrere weitere Boxen anzeigen lassen. Kombiniert mit Filtern lassen sich so beispielsweise wieder die Nachrichten einer selbst definierten Gruppe anzeigen. Oder die mit „to do“ markierten Mails etc.

Unterm Strich habe ich nun das Gefühl, die Infoströme mit diesen Tools ein bisschen besser im Griff zu haben. Zumindest für eine Weile. Wie meinte Clay Shirky neulich in einem Interview? „Es gibt keinen Information Overload. Es gibt nur unzureichende Filter.“ Für mich gehört inzwischen zum Filtern übrigens auch, nur noch alle paar Tage in den Feedreader reinzuschauen und den Instant Messenger über längere Phasen komplett geschlossen zu halten. Was wirklich wichtig ist, erreicht mich auch irgendwie.

So, nun bin ich neugierig: Was ist Ihr wichtigster Deich gegen die Infoflut?

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16 Kommentare

  1. Der große Befreiungsschlag war für mich vor einigen Jahren die Unterscheidung zwischen „Pull“ (RSS) und „Push“ (E-Mail). Seit ich mich von sämtlichen Newsletters etc. befreit habe, ist E-Mail komfortabel zu managen. Ich muss aber gestehen, dass ich mich standhaft weigere, bei RSS auch noch auf Filtermechanismen zu setzen. Das wäre mir zu aufwendig, die Pflege solcher Filter kostet zuviel Zeit und ist zu komlex, zu schnell sind die Filter veraltet. Ich beschränke mich hier auf a) Google Reader als leistungsfähigen Client und b) die Gelassenheit, RSS nicht ständig verfolgen zu müssen.

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  2. Danke schön für den Einblick.

    Den Mut, Newsletter komplett zu kicken, hatte ich ehrlich gesagt noch nicht – einerseits, weil mich interessiert, wie sich dieses Tool entwickelt, andererseits, weil ich manche ganz interessante Info (z.B. von wissenschaftlichen Fachzeitschriften) daraus ziehe. (zugegeben: selten)

    Ganz vergessen habe ich, auf meinen RSS-Reader einzugehen: Nutze auch GReader, habe darin aber die Feeds thematisch sortiert (so dass ich z.B. nicht so wichtige Suchanfragen auf einen Knopfdruck als gelesen markieren kann). Aber die Gelassenheit, nicht alles verfolgen zu müssen, ist sicher das Allerwichtigste ;-)

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  3. Eigentlich sieht mein System sehr ähnlich aus. ich bin vielleicht noch etwas rigoroser, schalte den IM nur ein/zwei Stunden pro Tag an, lese Twitter und FriendFeed unregelmäßig und lösche alle unnötigen Mails.

    „Was wirklich wichtig ist, erreicht mich auch irgendwie.“

    Stimmt, aber da taucht ein weiteres Problem auf, nämlich die Verwaltung der Infos, die trotzdem noch übrigbleiben. Da sind Social Bookmarking-Dienste und die GMail-Label Gold wert.

    Wer allerdings bei den Tags nachlässig ist, dem hilft das wohl alles nichts.

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  4. Also Twitter nutze ich bisher kaum, den Nutzen habe ich auch noch immer nicht ganz erkannt. Ich hoffe, dass sich das Privatgelaber darin wieder auf IM und Mail zurückziehen wird.

    Was die Mails angeht verfahre ich mittlerweile wie folgt: Ich habe 3 Mail Adressen. Und alle landen sie in meinem Outlook (ja, es gibt Menschen, die nutzen das noch^^).
    Eine Adresse für Privates. Was hier ankommt ist wirklich Mail.
    Eine Adresse für journalistisches, sprich für Recherchen oder Textvertreib, etc.
    Und dann die unwichtigste aber meistgefüllte: Eine in der alle Forum, CMS und Community-Benachrichtigungen ankommen. Da reicht meist der Mailttitel als Information. Alle landen flott im Papierkorb und man kann entscheiden ob man Lust und/oder Zeit hat, sich den Beitrag in der StudiVZ-Gruppe oder dem Kommentar im Blog, etc. anzusehen.
    Das ist in meinen Augen die eigentliche Flut. Nicht die Datenmenge, sondern die Verstreutheit. Ich schreibe wem im Studi, er antwortet im Myspace und ich antworte wieder darauf im WKW oder was? So schaut es teilweise aus. Es gibt zu viele Communities und man kann sich schwer raus halten. Daher habe ich alle Benachrichtigungen (nachdem ich sie erst mühsam deaktivierte) wieder hoch gefahren und gehe (es sei denn es herrscht mal Langeweile) nur noch in diese Coms, wenn es was relevantes Neues gibt.

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  5. Das stimmt: Die auf x Kanäle verteilte Kommunikation kann wirklich nerven. Vor allem, wenn es ein Network nicht schafft, mir den Inhalt einer Nachricht gleich in meine Mailbox zu liefern. Nachrichten aus der Community à la „Du hast Post“, die einen zum Einloggen zwingen, um überhaupt zu erfahren, worum es geht, führen bei mir eher zum Ignorieren…

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  6. Witzigerweise habe ich genau den umgekehrten Ansatz von Bernhard Jodeleit: wann immer es eine wirklich lesenswerte Seite auch als Newsletter-Digest gibt, bevorzuge ich den. Das kann man auch mal ein oder zwei Tage liegen lassen und setzt sich nicht selbst unter den Dauerstress, den Feed rückwirkend abzugrasen. Was aber auch damit zusammenhängt, dass ich Netvibes als RSS-Client nutze – alles, was über die letzten fünf Einträge eines Feeds hinausgeht, entgeht meiner Aufmerksamkeit mit einiger Sicherheit.

    Ich habe mal ein Interview mit einem Börsenbroker geführt, der berufsbedingt mehrere hundert Mails am Tag bekommt – und dessen Rezept strikte Zeitdisziplin war: zwei oder drei Slots am Tag, in denen man die Mail gezielt und konzentriert abarbeitet – und ansonsten ignoriert. Ich versuche, mich auch bei Twitter danach zu richten – muss aber gestehen, dass der Sog sehr groß ist, dann doch immer wieder nachzuschauen; man könnte ja eine aktuelle Entwicklung verpassen, die dann wiederum für unsere Berichterstattung von Interesse ist. Diese Widersprüchlichkeit zwischen „konzentriert abarbeiten“ und „dauernd folgen“ macht einen guten Teil meines Unbehagens mit Twitter aus, und mein größter Wunsch an Microblogging-Tools wäre eine gezielte und kontextsensitive Filterung der Tweets. (Vielleicht kann man sich mit Google Reader oder Yahoo Pipes auch ein paar Helfer dafür basteln?)

    Fun Fact: Wenn man nach „Tweetdeck“ googelt, ist das Textdepot schon der sechste Treffer…

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  7. Nur zwei-, dreimal am Tag die Mailbox zu öffnen, ist mir eine Zeit lang gut gelungen, bei Twitter geht es mir ähnlich.

    A propos Pipes: Andreas Dittes mal eine Twitter-Pipe gebastelt, mit deren Hilfe ich mir ein paar Schlagworte aus Twitter in den Feedreader ziehe:

    http://pipes.yahoo.com/dittes/twittermonitor

    Das funktioniert schon ganz gut (ok, kontextsensitiv ist nochmal was anderes), auf der anderen Seite ist bei Suchworten ja immer das Problem, dass ich nur auf Dinge stoße, die ich dem System vorher beigebracht habe. Fragt sich, ob man da wiederum Interessantes verpasst (weshalb ich ergänzend zu Suchworten Personen bzw. Blogs und Newscommunities wie Rivva abonniere).

    Immerhin: Gab es vor einem Jahr kaum einen Tag, an dem ich nicht zweimal in den Reader geschaut hätte, so reicht mir heute drei-, viermal die Woche.

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  8. Manueller TB:
    […]Auch für mich sind Twitter, Mail und Instant Messaging (neben Feeds, Kommentaren und Diskussionen in Blogs, Communities) die wichtigsten Kommunikationskanäle.[…]

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  9. Stichwort Pipes: mein eigener Versuch, einen Aggregator zur Hessenwahl zu bauen, sah so aus:

    http://pipes.yahoo.com/pipes/pipe.info?_id=6b564191e1fd89ec67620d35cab14d8d

    Twitter habe ich irgendwann wieder aus dieser Pipe entfernt, weil es für uns effektiver war, die Tweets direkt zu scannen – aber was eine solche Pipe natürlich sehr effizient erledigen könnte, ist Reputationsbeobachtung – sprich: Nennungen des Unternehmens und seiner Produkte sammeln.

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  10. In der Theorie habe ich mich diesem Thema ebenfalls schon gewidmet… http://tinyurl.com/7xna9f In der Praxis haben die Firmen offensichtlich derzeit noch das Problem solche Personal Web Manager zu budgetieren. Solange muss ich mir mit Tweetdeck helfen und viel über meine bevorzugten zwei Social Networks kommunizieren. Der Vorteil ist hier, daß die Mailbox inzwischen nahezu vernachlässigt werden kann, unnötiger Spam nicht durchgeht und man gleich die Kommunikation zu Neukontakten durch ‚unmittelbaren‘ Zugriff steigert. Vielleicht kommt ja aber auch bald eine Single Sign-On Lösung für Social Networks a la The Social Globe http://tinyurl.com/7sentb. Dann wäre die Mailbox vermutlich leer…

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  11. Ich bookmarke alles, was ich interessant finde – entsprechend ist für mich del.icio.us rückblickend immer die wertvollste Fundquelle. Im Feedreader habe ich es aufgegeben, alles zu lesen – ich habe mir hier aber eine „Nachbarschaft“ definiert, in der alle Quellen sind, die mich wirklich sehr interessieren und die ich nicht verpassen möchte. Die lese ich regelmäßig – den Rest gehe ich inzwischen eigentlich nur noch mit der Suche durch. Mein privates Netz quasi. Twitter – da lasse ich mich immer überraschen, was gerade läuft, systematisch nutze ich es allerdings noch nicht. Yahoo Pipes: Mein Vorsatz für 2009 ist es, ein paar schöne nützliche Pipes zu bauen, um meine Feeds, die außerhalb der Nachbarschaft liegen, wieder etwas fruchtbarer zu machen :)

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  12. Erstaunlich, dass Pipes offenbar bei vielen auf der Agenda steht. Ich muss gestehen, dass ich nach einigen zarten Versuchen es immer wieder aufgegeben habe, dort selbst was zu basteln und ich bisher nur Pipes netter anderer Leute genutzt habe (Schande, Schande). Würde mich sehr freuen, bei Gelegenheit zu lesen, welche Erfahrungen Ihr damit macht. Mir war das Ganze bisher immer etwas unzugänglich geblieben, obwohl ich den Eindruck habe, dass man sehr viel damit machen kann.

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  13. @Martin Meyer Gossner: Danke schön für die Links zu sehr lesenswerten Artikeln. Die Idee des Personal Web Managers finde ich sehr smart. Das erinnert mich ein bisschen an das Berufsbild des Social Media Managers, das ich auf unserer Tagung „Zukunft Online-PR“ proklamiert habe – wobei dieser nicht im Dienste eines Managers, sondern der Organisation als Ganzes steht. [Ha, darüber schreibe ich glatt demnächst einen eigenen Post ;-) ]

    Ob die Mailbox jemals leer wird, da bin ich wirklich gespannt. Vieles verlagert sich tatsächlich in andere Bereiche – in die hier bereits erwähnten Social Networks, sicher auch in Wikis. Ein Beispiel: Seit wir im Kollegenkreis ein internes Wiki nutzen, in dem wir u.a. die Agenda unserer Jour Fixes notieren, entwickelt sich manchmal noch vor dem Meeting im Wiki ein Dialog bzw. eine Klärung – ohne dass eine einzige Mail geschrieben wird (und manche Tagesordnungspunkte schon geklärt sich, bevor wir uns zusammensetzen…)

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  14. @Thomas Ich nutze Pipes seit zwei Jahren. Ich habe ein paar kleinere Pipes, nichts komplexeres.

    Gerade teste ich, ob ich Pipes als Monitortool einsetzen kann. Ich lasse einige Abfragen laufen (z.B. Blogsuche, Twittersuche) und die RSS Feeds der Ergebnisse in eine Pipe laufen.

    Bisher ist es mir allerdings noch nicht gelungen, die Dubletten zu eliminieren (mehrere Links von Google, Yahoo, Ask.com führen auf dieselbe Seite). Wahrscheinlich gibt es dafür auch Beispiele (ich war bisher nur zu faul zu Suchen …).

    Ich versuche es zunächst selbst und schaue dann einmal, was die anderen besser gemacht haben :-)

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