Social Media in der B2B-Kommunikation – ein Update

Der Wille, etwas zu tun und die Angst, etwas falsch zu machen, stehen sich gegenüber. Das ist mein Eindruck zum Stand der B2B-Kommunikation im Social Web. Seit der Veröffentlichung unserer mit Studenten erarbeiteten Untersuchung zu Social Media in der B2B-Kommunikation (Rezension 1, Rezension 2) habe ich das Thema immer wieder mit Praktikern diskutiert. Nach meinem Eindruck werden Social Media heute in vielen Unternehmen nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt, es scheint weniger um das „Ob“ als um das „Wie“ zu gehen.

Meine Gespräche zum Thema haben in verschiedenen Konstellationen statt gefunden: Da waren Weiterbildungen mit PR-Praktikern, Gespräche mit Geschäftsführern und PR- oder Marketingleitern wie auch firmeninterne Workshops. Was ich mitgenommen habe:

  • Es scheint in immer mehr Firmen Mitarbeiter (v.a. in PR und Marketing) zu geben, die Social Media gern leben möchten und sich mit den Prinzipien von Social Media gut auskennen.
  • Oft fehlt es aber an eigenen Erfahrungen und vor allem an der Durchsetzungsfähigkeit – das alte Stichwort lautet: Mittleres Management.
  • Nach einigen Jahren der Diskussion über Corporate Blogs und Co., in denen viele (auch ich) betont haben, dass man Ziele, Zielgruppen und Contentstrategien und dann noch die richtige Haltung braucht, scheint mir bei einzelnen Unternehmen aus Angst vor Fehlern eine fast zu detaillierte Planung zu entstehen – gemäß dem Motto: „In der Produktion haben wir eine Null-Fehler-Toleranz, das brauchen wir auch online.“ Ich denke eher, man muss bestimmte Dinge im Social Web auch ausprobieren – und ggf. dazu stehen, dass man aus Fehlern lernt.
  • Andererseits können die Nachwirkungen gescheiterter Projekte gewaltig sein. Klassiker: Irgendjemand hat vor ein paar Jahren ein Wiki installiert und kein Mensch hat es genutzt. Klar, dass ein nacktes Stück Software wenig Erfolg versprechend ist. Aber das bestärkt diejenigen, die schon immer gesagt haben, dass das mit diesen neumodischen Tools nix bringt. Es braucht also nicht nur Planung, sondern auch Betreuung.
  • Dennoch scheint einigen anderen einsichtig, dass Social Media intern (z.B. Projektblogs) sehr nützlich sein können. Interessanterweise merke ich übrigens immer wieder, dass Nischenanwendungen wie Social Bookmarks einige Praktiker begeistern können, wenn sie einmal reale Anwendungsbeispiele sehen (z.B. einen Pressespiegel).
  • Und in Bezug auf die externe Kommunikation scheint für viele noch sehr schwer herauszufinden zu sein, an welchen Stellen im Netz zu den für ein Unternehmen wichtigen Themen diskutiert wird, sprich: wo die relevanten Online-Treffpunkte sind. In der B2B-Kommunikation scheinen übrigens überproportional viele Leute besonders an Foren zu denken, wenn es um Fachkommunikation geht.
  • Größter Stolperstein aber scheint die Kultur zu sein, das hatten wir auch in unserer B2B-Studie in den Mittelpunkt gestellt. Sehr oft ist zu hören, dass sich Manager Gedanken machen, wie sie „überwachen“ und „steuern“ können, was ihre Mitarbeiter im Web so tun – und was andere über das Unternehmen sagen. Der Reflex, noch vor jeder Maßnahme detaillierte Social Media Guidelines einzuführen, scheint mir bei den meisten Unternehmen gegeben; manche diskutieren, Social Media nur für ausgewählte Mitarbeiter freizugeben.

B2B Online Monitor
Vor diesem Hintergrund habe ich mir die vor kurzem vorgestellte Untersuchung „B2B Online-Monitor 2011“ (Herausgeber: Die Firma/consultic) angeschaut. Der Untertitel „Verantwortliche zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ passt nahtlos zu meinen Eindrücken. Sehr lesenswert sind darin für Praktiker aus meiner Sicht besonders die Interviews mit Firmenvertretern, die im Social Web aktiv sind (u.a. von Kuka Roboter, der Krones AG, Westaflex oder Dell). Interessant auch, dass in der quantitativen Befragung (N = 220/nicht repräsentativ) die Ziele Produkt- und Markenbekanntheit, SEO und allgemeine Imageverbesserung oben anstehen. Interne Kommunikation oder gar bessere Arbeitsabläufe im Sinne von Enterprise 2.0 bzw. nach außen das Thema Employer Branding scheinen weniger im Fokus. Kleine Unternehmen sehen übrigens größere Chancen durch Social Media als größere – keine wirkliche Überraschung. In Bezug auf die Tools zeigt sich bei den befragten B2B-Unternehmen eine Dominanz von Xing, YouTube und Twitter, wobei Facebook auch in diesem Umfeld rasch an Bedeutung gewinnt.

Doch trotz aller warmen Worte zum erwarteten Bedeutungszuwachs: Wert ist den befragten Unternehmen ein Social Media-Engagement meist nicht viel. Zwei Drittel von ihnen investieren dort weniger als fünf Prozent ihres Kommunikationsetats (wobei unklar ist, ob da personelle Ressourcen einbezogen sind). Kleine Unternehmen verschieben aber deutlicher Budgets in Richtung Online und Social Media. Hier beginnt aus meiner Sicht gerade auch eine spannende Diskussion: In zwei Unternehmen, mit denen ich in letzter Zeit zu tun hatte, werden klar Ressourcen (hier: Stellen) von der Pressestelle in Richtung Social Media geschoben. Gerade in der B2B-Kommunikation, wo fachliche Themen eine große Bedeutung haben, erscheint das besonders nachvollziehbar. Ob es dazu weitere Beispiele gibt, würde mich ehrlich gesagt sehr interessieren…

Weitere Quellen:

10 Kommentare

  1. Grundsätzlich halte ich die Beschreibung für zutreffend, stimme aber nicht in den Klageton der Studie ein.

    Ich war gestern zu Gast auf einer Veranstaltung des VDMA Baden-Württemberg zum Thema „Marke und Maschinenbau.“ Dort präsentierte der Verband auch Teile der Asuwertung zu den VDMA-Kennzahlen Marketing-Service 2010. Demnach machen die Social Media-Aktivitäten der Mitglieder etwa 4 Prozent des PR-Teiletats aus, der wiederum bei 9 Prozent des Marketing Service Etats liegt.

    Diese Zahlen bestätigen auf den ersten Blick die Ergebnisse des B2B-Online-Monitors. Sieht man aber genauer hin, wird deutlich, dass vielleicht nicht allein die Antworten der Studie, sondern auch die Fragen ein falsches Bild der Wirklichkeit zeichnen. Welchem Etat beispielsweise ist dieses Projekt: http://lmt.e-convention.net/ zuzurechnen, dass wir für ein B2B-Unternehmen umgesetzt haben?

    Ich vermute zweierlei:
    1. Die Frage nach dem Budget für Online-Kommunikation und Social Media ist falsch gestellt. In dem Maße, in dem durch das Internet die Kanäle verschmelzen, wird es nahezu unmöglich werden, hier genau zu differenzieren, es sei denn, man unterscheidet beispielsweise zwischen den Kosten für Aufbau und Betrieb der digitalen Infrastruktur, reinen Online-Kampagnen oder dem Anteil des Etats, den man an Agenturen vergibt, die Online auf dem Firmenschild stehen haben. Und: einmal installiert, sind die Kosten für die digitale Infrastruktur nicht mehr so entscheidend – trotzdem es nötig ist, auch hier weiter am Ball zu bleiben.

    2. Die Kosten für Social Media sind a) verschwindend gering und b) nur schwer zu beziffern. Ein wesentliches Element von Social Media ist, dass die Nutzer es betreiben, aber wie kalkuliere ich einen twitternden Vertriebsmitarbeiter? Und ist eine Präsenz des Unternehmens auf Facebook wirklich nötig? Und wenn ja, um wieviel erhöhen sich dadurch die Kosten, die ich ohnehin für PR, Marketing, HR, etc. habe? Meine These: Nach Implementierung, erfolgreicher Implementierung, sind die Kosten kaum mehr klar zu ermitteln, weil die Infrastruktur Teil des Arbeitsalltages geworden ist.

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    1. Danke schön für die Ergänzungen.

      In der Tat sind solche Budget-Fragen extrem schwierig, denn vermutlich dürften viele Unternehmen ihr Investment in Social Media ganz unterschiedlich bewerten. Und damit ist die Gefahr groß, dass bei einer solchen Frage nur mäßig Nützliches herauskommt.

      Sie haben völlig Recht: Die Kosten in Technik und Infrastruktur sind marginal im Vergleich zu den Personalkosten. Einerseits sind letztere dann natürlich schwer zu trennen von anderen Kosten, wenn es darum geht, dass Mitarbeiter neben ihren bisherigen Aufgaben im Social Web kommunizieren. Dennoch werden wir wohl nicht umhinkommen, zumindest punktuell zu ermitteln, wie viel Zeit ihn das kostet (und ggf. ihm erspart) – allein, weil am Ende ja irgendwann der ROI ermittelt werden soll.

      Andererseits gibt es natürlich Kosten, die ziemlich augenfällig sind – etwa, wenn einen Tag lang 25 Mitarbeiter geschult werden, wie wir es neulich in einem Projekt getan haben oder wenn in der PR-Abteilung (oder sonstwo) ganze Stellen für die Betreuung der Aktivitäten geschaffen werden, also z.B. Social Media Manager eingestellt werden. Aber wie gesagt, durch eine Fragestellung wie sie in der Umfrage enthalten ist, kommt man an diese Zusammenhänge vermutlich kaum ran.

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  2. Die Studie umfasst sehr interessante Erkenntnisse und bietet einen guten Einblick in die Realität. Doch zu dieser gehört auch eine Reihe innovativer Unternehmen, die das Thema „Social B2B“ proaktiv angehen und sich so einen First Mover Advantage sichern. Nach meiner Erfahrung lässt sich insbesondere durch eine professionelle Umsetzung in kurzer Zeit ein nachweisbarer Erfolg von Social B2B-Maßnahmen realisieren. Insofern gehört Social Media auch im Bezug auf die B2B-Kommunikation die Zukunft.

    P.S.: Vielen Dank für den Beitrag, ich habe ihn mal erlaubt in der Social B2B-Gruppe zu verlinken – siehe https://www.xing.com/net/socialb2b

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