CommunicationCamp: Ein Barcamp für Macher. Funktioniert das?

Barcamps sind ein längst selbstverständliches Veranstaltungsformat geworden. Sie finden auf der Alm statt genauso wie in Firmenheadquarters. Groß ist mittlerweile auch die Themenpalette, die von Tourismus über Politik, Lernen, mobiles Internet bis – na klar – PR reicht. Aber: Das Barcamp ist ein Konferenzformat. Als solches ist es offen und spontan, und es dient dem Austausch und der Vernetzung von Menschen. Dies funktioniert sehr oft sehr viel besser als bei anderen Konferenzformaten. Allerdings bleibt eine Konferenz eben eine Konferenz. Als Besucher kann man viel für sich mitnehmen und damit ein Barcamp funktioniert, müssen Besucher aktive Teilnehmer sein, die Themen, Ideen und Engagement mitbringen. Aber: Können diese Mitbringsel auch eingesetzt werden, um gemeinsam etwas zu erreichen? Um etwas umzusetzen? Dies waren wichtige Fragen, die hinter dem ersten CommunicationCamp standen – einem Barcamp für Macher. Ein paar Eindrücke zu einem neuen Format, das PR-Studenten und Absolventen unseres Studiengangs ausprobiert haben.

Die Idee

Zunächst nochmal zum Hintergrund: Eine fünfköpfige Gruppe meiner PR-Studenten hat gemeinsam mit der Agentur Quäntchen + Glück, die letztes Jahr von einer Hand voll Absolventen gegründet worden war, nach einem neuen Veranstaltungsformat für die Region Darmstadt gesucht. Die Idee war: Wir möchten Menschen, die sich mit Kommunikation, dem Internet, mit Design, mit Coden etc. beschäftigten, zusammenbringen. Erfahrene Praktiker genauso wie Studenten. Das Team schaute sich deshalb viele Veranstaltungsformate an: Beispielsweise den Webmontag, die Twittwoch-Reihe, die Idee des Social Media Clubs, Stammtische – und stolperten auch über einen Artikel von Robert Basic: Er hatte kritisiert, dass sich das Format des Barcamps in einigen Jahren kaum weiterentwickelt hatte und einige Nachteile dieses Veranstaltungstyps beispielsweise in Bezug auf die Nachhaltigkeit benannt.

Und weil wir am Studiengang immer wieder von Unternehmen, oft aber auch von sozialen Einrichtungen oder Vereinen gefragt werden, ob wir nicht einmal für sie aktiv werden könnten – zum Beispiel durch ein Lehrprojekt oder eine Abschlussarbeit – kamen die beiden Ideen zusammen: Es entstand die Idee einer Wochenendveranstaltung, die wie ein Barcamp Leute zusammenbringt und sehr offen ist – aber eine etwas andere Zielsetzung hat: Am Ende soll für einen Projektpartner etwas entstanden sein, konkreter: Er soll Hilfestellung für seine Kommunikation erhalten.

Die Umsetzung

CommunicationCamp, Tag 2: Die einen texten, andere programmieren, wieder andere basteln die Facebook-Chronik zusammen.

Auf dieser Grundlage entstand „Tu was Gudes„: Vor zwei Wochen „opferten“ etwa 20 Leute ihr Wochenende und kamen in einem kleinen alternativen Theater in Darmstadt, dem HoffART, zusammen. Mit den Theaterleuten war im Vorfeld besprochen worden, dass man sich um ihr etwas wildes Durcheinander aus vier Websites und die brach liegende Facebookseite kümmern könnte. Für weitere Ideen waren die beiden glücklicherweise sehr offen. „Tu was Gudes“ war Motto (mit hessischem Kolorit) der Veranstaltung, das Format tauften wir CommunicationCamp – eine Markenbildung, an der wir noch arbeiten müssen. Ziemlich schwierig war auch, Teilnehmer zu gewinnen: Dies mag daran gelegen haben, dass in Hessen bereits die Schulferien begonnen hatten, aber auch daran, dass das Format neu war und den Teilnehmern ein komplettes Wochenende abverlangte. Die, die da waren, hatten dafür richtig Spaß – und sie haben einiges erreicht:  Eine tolle Fotoserie zum Theater und eine renovierte Facebookseite waren in kürzester Zeit entstanden. In den nächsten Tagen werden die alten Websites durch eine völlig neu konzipierte Website ersetzt – und natürlich wurden die Theaterleute geschult, damit sie beides künftig selbst füttern können. Selbst die wichtigsten rechtlichen Regeln haben die Teilnehmer ihnen zusammengestellt. Möglich wurde all dies, weil in der Gruppe eine unglaubliche Dynamik herrschte und Leute mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammen kamen: Programmierer, Designer, Texter, Fotografen, Erfahrene in Kultur-PR, Konzeptioner – und Hobbyköche, die eine tolle Suppe zaubern konnten.

Die Startseite der neuen Website des HoffART-Theaters
Die Startseite der neuen Website des HoffART-Theaters

Was haben wir gelernt?

In unserer Nachbesprechung waren wir uns über einige Punkte einig: Dass die erwähnten Produkte entstanden sind, ist kein Automatismus. Sprich: Ein CommunicationCamp darf keine zu hohen Erwartungen wecken. In unserer ersten Veranstaltung war das Ganze positiv verlaufen, weil die Mischung der Leute gestimmt hat und die Projektpartner bereit waren, sich mit Haut und Haaren einem Abenteuer zu verschreiben. Hinzu kommt: Die Website wurde in den zwei Tagen zwar konzipiert,  und gestaltet, es wurde getextet, fotografiert und programmiert. Aber es sind noch Nacharbeiten notwendig, die die Teilnehmer mit Begeisterung erbringen. Selbstverständlich ist das sicher nicht. Geklappt hat dies vermutlich nur, weil die Agentur q+g das Projekt zu ihrem Projekt gemacht hat.

Session zur Identität des HoffART-Theaters

Ein anderer Lerneffekt für viele: Wollten die Studenten ziemlich rasch mit Website und Facebook loslegen, so zeigte sich, dass dies zunächst gar nicht wirklich möglich war. Warum? Es hatte sich schon bei der Vorstellung des Theaters gezeigt, dass dieses extrem vielschichtig und erklärungsbedürftig ist und ein Konzept für Ideen, die gerade erst in der Diskussion sind, passen muss. Die Konsequenz: Wir schoben zunächst eine Session zum Herausarbeiten von Identität und Positionierung ein. Dabei entstand dann ein gedankliches Gerüst („ein Theater, in dem man nicht nur zuschauen, sondern auch mitmachen kann und das man sogar für einen Abend übernehmen kann“), das für die neue Website – und die gesamte künftige Kommunikation – grundlegend wurde.

Was heißt das? Im Gegensatz zum Barcamp muss man sicher noch mehr darauf achten, dass die Mischung der Teilnehmer stimmt, aber trotzdem flexibel genug sein, in dem, was man tut. Damit ist klar, dass eine Organisation, sich mit dem CommunicationCamp auf eine Wundertüte einlässt. Und klar ist auch, dass die Aufgaben nicht unbedingt in der Tiefe bearbeitet werden können, in der das in einem professionellen Setting passieren würde. Auf der anderen Seite kann etwas entstehen, was eine Organisation, die für die Kommunikation kein Budget hat, einen großen Schritt nach vorn bedeuten kann. Inwieweit die Teilnehmer für sich etwas lernen, ist damit also auch nicht planbar: So war eine Teilnehmerin dankbar, einen Crashkurs in Fotografie erhalten zu haben, ein anderer war von seinem persönlichen Lerneffekt ein wenig enttäuscht. Spaß hatten sie zum Glück alle.

Wie geht es weiter?

In den nächsten Tagen geht wie gesagt die neue Website des HoffART-Theaters online und ein Video, das das erste CommunicationCamp dokumentiert. Ebenso werden die Erfahrungen mit dem Format dokumentiert. Mit q+g und den Studenten ist zudem besprochen, dass wir uns im nächsten Semester gleich an ein zweites CommunicationCamp wagen. Stattfinden soll es im Januar 2013, dann aber an einem Freitag und Samstag. Nach diesen ersten beiden Veranstaltungen wollen wir einen Leitfaden erstellen, damit Interessierte das Format auch andernorts einmal ausprobieren können. Anregungen sind natürlich wie immer sehr willkommen. Und wer schon jetzt Lust hat, mitzumachen, darf dies natürlich gern auch kund tun :)

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5 Kommentare

  1. Ich find das Format grundsätzlich interessant und spannend. Mich würde aber interessieren, ob man auch über wertigkeit der eigenen Arbeit nachgedacht hat. Ich meine im Grunde haben die Teilnehmer kostenlos eine Konzeptions und zim Teil Erstellungsarbeit geleistet. Und das ganze lief dann unt dem Slogan, man tue etwas Gutes. Sicher nicht ganz falsch, aber auch irgendwo ein Schub in die Richtung unbezahltes Praktikum 2.0. Ihr macht umsonst arbeit, dafür lernt ihr ja selbst was dafür – diesmal noch geschmückt mit man tue ja etwas gutes.
    Ich denke unter diesen Aspekten sollte man ganz besonders darauf achten, dass die Teilnehmer auch wirklich etwas lernen und lernen können und dies nicht für das, im Gegensatz zum Bracamp hinzukommende Goal, geopfert wird. Wenn mAn dann noch mit was Gutes tun wirbt, sollte es irgendeine Art von Zertifizierung des Partners geben, dass dieser wirklich wohltätig ist und die Arbeit nicht bezahlt von jmd machen lassen könnte. Warum dieses Theater und nicht jene Opdachlosenhilfe, etc. Das wäre denke ich bei der Weiterentwicklung sehr wichtig.
    Bin aber guter Dinge, dass das mit der Crew gelingen wird.

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    1. Der Hinweis ist berechtigt. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich einer der schärftsten Kritiker unbezahlter Praktika bin. Auf der anderen Seite muss es aus meiner Sicht auch gesellschaftliches Engagement geben, bei dem man ehrenamtlich arbeitet. Man kann dazu natürlich Unkraut im Park jäten oder was anderes tun, das man gut kann.

      Vielleicht hätte ich es deutlicher herausarbeiten sollen: Ziel des CommunicationCamp sollte natürlich immer sein, im Sinne von sozialem Profit zu arbeiten – das HoffART als Mini-Initiative, die u.a. Theaterpädagogik mit Kindern und Jugendlichen macht – hat aus Sicht der Gruppe gut hier hinein gepasst – was ich völlig teile. Insofern wurde über den Wert solcher Arbeit schon nachgedacht.

      Für die nächste Runde haben wir überlegt, eine soziale Organisation als Partner zu nehmen (z.B. eine Obdachloseninitiative oder einen Flüchtlingsverein). Diskutiert haben wir auch, ob wir eine Bewerbung mit Voting vorschalten. Mal schauen, welche Ideen noch entstehen….

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  2. Deshalb sagte ich ja auch, dass ich mir bei der Crew keine so große Sorge mache. Und natürlich muss ehrenamtliches gehen (bin ja selbst u.a. Im Sportverein tätig). Das ist der Kitt unserer Gesellschaft.
    Ich habs nur kommentiert, weil ihr ja plant, eine Art Leidfaden zu erstellen und gerade, wenn andere es kopieren solte man sowas mit deutlich machen.

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