Content Strategie: Wie geht das? Lasst uns diskutieren – auf dem Content Strategy Camp

Content Strategie ist sicher einer der zentralen Begriffe in aktuellen Diskussion um (Online-)Kommunikation. Ob es dabei nur um ein kurzfristiges Buzzword oder eine langfristige Thematik geht, muss sich zeigen. Ich neige zu letzterem. Allerdings: So richtig diskutiert haben wir das Thema im deutschen Sprachraum noch nicht. Wie genau geht Content Strategie? Was gehört dazu? Was nicht? Ich gebe zu, mir ist in diesem Umfeld noch einiges nicht so ganz klar. Deshalb freut es mich umso mehr, dass wir am 7. und 8. Juni das Content Strategy Camp veranstalten können. Die Anmeldung läuft. (Wer nur die Fakten wissen möchte, darf nun einfach runterscrollen).

Mobil verfügbar und interessant für die Zielgruppen - nur zwei kleine Herausforderungen der Content Strategie
Mobil verfügbar und interessant für die Zielgruppen – nur zwei kleine Anforderungen an die Content Strategie

Mehr Kanäle – mehr Koordinierungsaufwand

Diskutiert man über Content Strategie (hu, oder strategy?), stößt man eigentlich ständig auf Herausforderungen. Viele davon sind vielleicht erst durch Social Media entstanden oder zumindest deutlicher zu Tage getreten. Womit ich sagen will, dass es aus meiner Sicht Content Strategie schon lange gibt, wenn vielleicht auch nicht unter diesem Etikett. Aber zurück ins Web: Hier haben wir unter anderem eine Explosion von Möglichkeiten und digitalen Orten – oder umgekehrt ausgedrückt eine Fragmentierung der Kommunikation. Immer mehr Kanäle mit immer spezialisierteren Angeboten und spitzeren Zielgruppen und daneben ein paar ganz Große wie Facebook oder Youtube. Eine alltägliche Frage: Welchen Kanal sollen wir denn bespielen? Und mit welchen Inhalten? Wie sollen diese aufbereitet sein? Eine andere Tonalität für Facebook und G+? Und dann die Automatisierungen: Artikelheadlines verseuchen Twitter, die Check-Ins verbleiben nicht in Foursquare, sondern vernebeln zugleich die Timelines in Twitter und Facebook und so fort. Oder ist es kein Vernebeln, sondern wünschenswert im Sinne eines ganzheitlichen Social Network-Erlebnisses? Zugleich gibt es viele Fragen im Unternehmen: Haben wir Kompetenz und Ressourcen für eigenständige Kommunikation auf jeder Plattform?

Moment. Sind das die richtigen Fragen? Ich glaube, mittlerweile besteht weitgehend Einigkeit darin, dass man mit solchen Überlegungen leicht in ein falsches Fahrwasser kommt. Zumindest, wenn Fragen nach Kanälen an den Anfang gestellt werden. Viel wichtiger: Was soll das Ganze eigentlich? Wo ist die Anbindung ans Unternehmen? Mit wem wollen wir kommunizieren und warum? Sind solche Fragen geklärt, lässt sich eher durchdeklinieren, warum welcher Inhalt wo und mit welchem Ziel aufbereitet wird. Klingt logisch, doch damit beginnt erst ein Berg Arbeit:

Dealing with content is messy. It’s complicated, it’s painful, and it’s expensive.

So schrieb Kristina Halvorson im Dezember 2008 in ihrem Artikel “The Discipline of Content Strategy”, einem der ersten Texte, der sich mit dem Thema beschäftigte. Und  schon etwas früher schrieb Rachel Lovinger (Razorfish):

Everything is content? What about design? Yes, it’s content. Structure? Content. Metadata? Also content. You probably expected a more incisive analysis than that. Well, how about, “Literally, everything is content.

Ein aktuelles Beispiel: Für eine Verkehrsgesellschaft wie die Wiener Linien sind auch offene Daten (Open Data) Teil der Content-Strategie, wie Heinz Wittenbrink herausarbeitet und in einem weiteren Post die folgende Zielsetzung proklamiert, die Content Strategie von Content Marketing abgrenzt:

Content Strategy dient dazu, die Inhalte einer Organisation im Netz methodisch zu entwickeln. Marketing ist da nur ein möglicher Anwendungsfall.

Aber die Fragerei geht weiter. Nur ein paar Beispiele: Was interessiert denn überhaupt diejenigen, mit denen wir kommunizieren wollen? Und wie erwarten diese, dass wir kommunizieren, also Content erstellen? Beziehen wir solche Fragen ruhig nicht nur auf PR und Marketing, sondern etwa auch auf Wissensmanagement oder E-Learning. Und wie wiederum gehen diejenigen, die für Content verantwortlich sind, mit aktuellen Entwicklungen um? Also zum Beispiel mit „Mobile“ oder dem Visual Turn in der Kommunikation? Und wie gehen wir mit Content um, den wir vor zwei Jahren für die Website gebastelt haben? Wächst diese einfach, weil ja Speicherplatz immer weniger kostet? Nein, viel hilft nicht immer viel, schon klar.

Content Strategie als eigene Disziplin?

Man kann (und muss) natürlich auch grundsätzlicher diskutieren, wie das Heinz Wittenbrink vor wenigen Tagen getan hat, als er Content Strategie als Disziplin eingeordnet hat. Wobei sich dann natürlich wieder fragt, wie sich diese zu bestehenden Disziplinen verhält – nehmen wir zum Beispiel Informationsdesign, aber auch Kommunikationsmanagement.

Ok, genug der Fragen für den Moment. Ich glaube, es wird deutlich, dass mit dem Begriff der Content Strategie ein Feld (grob) umrissen ist, das noch intensiv zu beackern ist. Das gilt auch in der Praxis, beispielsweise, wenn tolle Kommunikationsstrategien und Kampagnen entwickelt werden, aber Kunden immer wieder mit dem ganz irdischen Content-Business allein gelassen werden, wie Kristina Halvorson im oben bereits erwähnten Artikel kritisiert hatte.

Das Content Strategy Camp

Content Strategie ist ein sehr weites Feld. Vielleicht können wir ein paar Landmarken setzen?
Content Strategie ist ein sehr weites Feld. Vielleicht können wir ein paar Landmarken setzen?

Deshalb war ich ziemlich schnell begeistert, als Sascha Stoltenow (Script Communications) die Idee hatte, dass wir hierzu einmal eine Veranstaltung auf die Beine stellen könnten. Diese findet am 7. und 8. Juni 2013 statt, wir haben sie „Content Strategy Camp“ getauft.

Wir meinen, dass es neben den bereits hier angerissenen Fragen noch sehr viel mehr Aspekte gibt, die in diesem Zusammenhang zu besprechen sind. Aber auch Erfahrungen und Lösungen aus Agenturen, Unternehmen oder NGOs. Und dass eine Plattform sinnvoll ist, die eine interdisziplinäre Diskussionen ermöglicht. Wir hoffen also auf Teilnehmerinnen aus Kommunikation, Marketing, Gestaltung, auf Erzähler und Technikaffine, auf Einsteiger und Fortgeschrittene. Dafür bereiten wir also ein Barcamp vor. Zur Vorwarnung an Puristen: Da wir auch Einsteiger in die Thematik ansprechen möchten und weil wir das Gefühl haben, dass es ganz hilfreich ist, ein paar größere Bögen zu skizzieren, laden für beide Tage einzelne Speaker ein – der Barcamp-Charakter steht aber im Vordergrund, und wir können bis zu acht Sessions gleichzeitig organisieren. A propos Organisation: Veranstalter ist unser Kompetenzzentrum für Social Media, der eBusiness-Lotse Darmstadt-Dieburg. Durch dessen Finanzierung über das BMWi sowie ein Budget von Script ist der Eintritt fürs Content Strategy Camp kostenlos. Dafür erhoffen wir uns natürlich etwas von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern: Angebote für viele spannende Sessions.

Die Eckdaten:

Content Strategy Camp: 7. und 8. Juni 2013
Mediencampus der Hochschule Darmstadt
Max Planck-Straße 2, Dieburg
Ticket reservieren und Session vorschlagen

5 Kommentare

  1. Hallo Herr Pleil,

    das Feld der Content Strategie (-ie !) ist in der Tat ein weites und vor allem noch sehr unsystematisiertes.

    Ihre Frage: „Mit wem wollen wir kommunizieren und warum?“ geht bei der CS in die richtige Richtung.

    Was mir an der Literatur zu Content Strategy nämlich auffällt ist, dass die Zielgruppendefinition so gut wie gar keine Rolle spielt. Die US-Autorinnen (es sind ja erfreulicherweise auffallend viele Frauen) scheinen die Existenz einer Zielgruppendefinition einfach vorauszusetzen.

    Meiner Erfahrung nach ist dem aber keineswegs immer so. Und die Basis jeder Content Strategie ist nunmal die Definition einer Zielgruppe, verstanden als Gruppe von Menschen mit homogenen Problemen / Bedürfnissen.

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    1. Hallo Herr Butschinek, danke für Ihre Rückmeldung. Ich habe auch das Gefühl, dass die Frage der Zielgruppe oft vorausgesetzt wird, in der Praxis dies aber vermutlich gelegentlich klarer gemacht werden muss – wobei ich hier gerade auch die umgekehrte Perspektive (was interessiert denn die Zielgruppen, wie möchten sie angesprochen werden etc.) für besonders wichtig halte.

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      1. „was interessiert denn die Zielgruppen, wie möchten sie angesprochen werden“ – Genau das ist nach meinem Verständnis Inhalt jeder Zielgruppendefinition.

        Und der Prozess, wie man dahin kommt, wird in der Literatur zur CS gar nicht beleuchtet, obwohl die Wichtigkeit des Verständnisses der Zielgruppe als kritisch betrachtet wird.

        Bspw. schreibt Erin Kissane in „Elements of Content Strategy“:
        „If you can discover what nurse practitioners need, you can create content that serves this purpose. (And if you can’t find out what they need before trying to sell them a product, you have a lot more to worry about than your content.)“.

        Der Frage, was meine Zielgruppe umtreibt, muss viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ansonsten entwickelt man Content, für den sich keiner interessiert.

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      2. Sehe ich auch so. Hilfreich könnten aus meiner Sicht die Verfahren des (Kommunikations-)Managements zum Identifizieren und Priorisieren von Stakeholdern sein, bei denen unter anderem die Art der Beziehung und deren Qualität angeschaut wird (z.B. Fürsprecher, kritischer Beobachter, Poweruser etc.)

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