Didaktik: Lernen durch Lehren

Zwei Ansätze innerhalb der Didaktik empfinde ich derzeit als besonders spannend: Da ist zum einen der des Konnektivismus von George Siemens, zum anderen „Lernen durch Lehren„. LdL, wie der Ansatz oft genannt wird, findet sich inzwischen in vielen Lehrplänen und hunderte von Lehreren setzen ihn ein. Was sich hinter LdL genau verbirgt, hat der Vordenker dieses Ansatzes, Jean-Pol Martin (Uni Eichstätt) nun in einem Videointerview erklärt.

Kern des Ansatzes ist, wie man vermutet, dass Schüler/Studenten nicht frontal mit Wissen zugeschüttet werden sollen, sondern sie sich in Gruppen einzelne Themen erarbeiten und dann didaktisch aufbereiten und den anderen in der Klasse vermitteln sollen. Das Lernen geschieht demnach besonders gut, wenn man die Inhalte selbst gut vermitteln kann. In der Didaktik ist da gern von gemeinsamer Wissenskonstruktion die Rede. Auf dem EduCamp in Ilmenau hat JPM seinen Ansatz vorgestellt. Wie er mir schrieb, gab es einige Diskussionen um die von ihm genannten Voraussetzungen und die benutzten Begriffe: Entscheidend ist aus seiner Sicht für den Erfolg des Lernens die Sinnfrage. Das heißt, Lernende sollen aus jeder Aufgabe, die sie erhalten, für sich einen Sinn erkennen können. Damit zusammen hängt wesentlich die Motivation. In der Konsequenz möchte Martin Lernen als Weltverbesserung verstehen: „Wissen muss zu Handlungen führen“, fordert er und meint damit Handlungen, die an irgend einer kleinen Stelle etwas zum Besseren verändern. Sein Optimismus: „Menschen wollen Gutes tun.“ Besonders gut gelingt dies, wenn Wissen radikal geteilt wird (weshalb er fast nur im Internet publiziert). Sein Verständnis: „Wir sind Neuronen!“

So, genug zusammengefasst, hier das Interview mit Jean Pol Martin, in dem er am Ende auch seine Bewertung des EduCamps abgibt  (Steffen Büffel zieht auch Bilanz):

Ein konkretes Ergebnis des EduCamp:

„Es hat sich nun eine starke Gruppe gebildet, die „Weltverbesserungsprojekte“ startet und wir treffen uns im Juni in Ludwigsburg“ (JPM per Mail)

Disclosure: Ich kenne Martin schon lange, und zwar aus der Zeit, als die PR für die Eichstätter Uni verantwortet habe. Damals habe ich JPM nicht nur als Person schätzen gelernt, sondern war auch von seinem Ansatz fasziniert: Ein Professor, der sich von seinen Studenten via Internet durch New York manövrieren lässt oder seine Schüler im Französisch-Unterricht nicht stur Vokablen pauken, sondern Online-Dossiers zu aktuellen Themen Frankreichs erarbeiten lässt, ist natürlich bemerkenswert. Herausgekommen sind nicht nur schöne Themen, die mir als PR-Menschen Spaß machten, sondern manches Bruchstück, das ich damals kennen lernte, kann ich heute einsetzen, da ich selbst zum Prof. geworden bin – obwohl JPMs Arbeit damals wie heute von manchen als ziemlich abgedreht wahrgenommen wurde. Oder weil?

Ähnlicher Artikel im Textdepot:

5 Kommentare

Kommentare sind geschlossen.