Die Abschlussarbeit publizieren?

Wie viel Aufmerksamkeit erhält man durch die Veröffentlichung der Abschlussarbeit?
Wie viel Aufmerksamkeit erhält man durch die Veröffentlichung der Abschlussarbeit?

Immer wieder fragen mich Studenten, ob es sich lohnt, die Abschlussarbeit zu veröffentlichen. Ihre Argumente: Die Auffindbarkeit in Bibliothekskatalogen und das gute Gefühl, dass die Arbeit nicht beim  Prof. verstaubt. Meist stoßen die Studenten auf einen der Verlage, die ein auf Print on Demand oder e-Books basierendes Publishing anbieten. Ich bin da etwas skeptisch und empfehle eher ein „Do it yourself-Publishing“. Allerdings kenne ich sicher einige Aspekte dieser Frage nicht und bin für Tipps dankbar.

Verlagsveröffentlichungen

Anbieter, die Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten veröffentlichen, gibt es viele. Meist ist es so, dass Absolventen oder Studenten für die Publikation nicht einmal etwas bezahlen müssen. Vielmehr wird sogar damit geworben, dass sie durch die Publikation etwas verdienen können. Tatsächlich erhalten sie von den Erlösen einen Anteil. Ich vermute jedoch, dass in den meisten Fällen hier kaum etwas zusammen kommt. Allerdings habe ich auch schon von Einzelfällen gehört, in denen ein paar hundert Exemplare einer sehr guten und sehr aktuellen Arbeit verkauft wurden. Doch den meisten Absolventen kommt es auf das Verdienen in diesem Fall gar nicht an. (Ergänzung: Es gibt Anbieter, die den Autoren die Festlegung des Verkaufspreises erlauben, andere tun dies selbst – manchmal in einer Höhe, die auf Interessenten abschreckend wirken und den Verkauf bremsen dürften.)

Die Frage ist, wie das Ganze wirkt. Fördert eine solche Publikation die Reputation und verbessert womöglich Bewerbungschancen? Oder ist das Ganze womöglich kontraproduktiv, wie ich eben gefragt wurde.

Mein Gefühl: Innerhalb der akademischen Community ist klar, dass bei diesen Verlagen jeder publizieren kann, d.h., fachlich findet zumeist keine Qualitätssicherung statt, die meisten Anbieter publizieren zudem zu praktisch jedem Thema. Ob das dann in einer speziellen Fachcommunity wahrgenommen wird, wäre zu hinterfragen. Ich gehe davon aus, dass eine solche Publikation für eine akademische Laufbahn vermutlich kaum etwas bringt, womöglich ist sie sogar kontraproduktiv, will man zum Beispiel später einmal promovieren. Wer dies vorhat, sollte stattdessen prüfen, ob seine Arbeit in ein fachlich einschlägiges Programm eines wissenschaftlichen Verlages passt. Problem dabei ist allerdings oft, dass man als Autor Geld mitbringen muss, einen so genannten Druckkostenzuschuss. Das macht die Sache meist natürlich unmöglich. Inhaltlich gehe ich zudem davon aus, dass die wenigsten Abschlussarbeiten aus Bachelor- oder Masterstudiengängen tatsächlich in einem solchen Rahmen eine Publikationschance haben.

Sinnvoller erscheint mir die Überlegung, aus den Ergebnissen der Arbeit ein Paper zu machen und dies bei einer Konferenz einzureichen. So erhält man nach positiver Begutachtung durch den Vortrag Sichtbarkeit in der Community und ist im Konferenzband mit einem Artikel vertreten. Das ist zwar zusätzlicher Aufwand, der aber meist der Qualität der Darstellung des Themas dient. Insofern ist dieser Weg sicher nur für sehr wenige Absolventen gangbar, die dazu zudem die Unterstützung ihres Betreuers benötigen. Wer nicht (ausschließlich) in Richtung Wissenschaft neigt, kann im Kommunikationsumfeld natürlich die Präsentation auf Veranstaltungen wie Barcamps oder Webmontagen nachdenken.

Online-Publikation

Skalierbar ist der Aufwand für die Online-Publikation einer Arbeit. Am nächsten liegt natürlich die Veröffentlichung auf dem Publikationsserver der eigenen Hochschule. Viele Unis und FHs bieten diese Open Access-Publikation ihren sehr guten (und meist auch den guten) Absolventen an. Im besten Fall ist damit auch ein Eintrag in die Bibliotheksverzeichnisse verbunden. Dies würde ich als den typischen Weg zur Publikation einer Abschlussarbeit sehen, auch weil hier die Arbeit typischerweise 1:1, also ohne zusätzlichen inhaltlichen Aufwand, erfolgt.

Allerdings: Wer keine wissenschaftliche Karriere anstrebt, sondern durch eine eigene Publikation seine Bewerbungschancen verbessern möchte, sollte aus meiner Sicht (ergänzend) einen anderen Weg gehen. Der Königsweg zumindest in meinem Umfeld Onlinekommunikation, aber auch im Jornalismus, dürfte sein, zumindest bei einem praxisrelevanten Thema schon in der Recherchephase zur Abschlussarbeit mit einem Blog oder einer anderen begleitenden Online-Präsenz zu beginnen. Dann lässt sich am Ende die (hoffentlich sehr gut bewertete) Arbeit dort sehr gut einbinden. Statt auf einen eigenen Server würde ich sie dann jedoch auf eine exterene Plattform wie Scribt oder Slideshare laden. Gemäß dem „Prinzip kostenlos“  und dank der guten Sichtbarkeit solcher Plattformen in Suchmaschinen dürfte der Effekt einer solchen Strategie zumindest im Netz am größten sein.

e-Books und Fachartikel

Alternativ kann man natürlich das Ganze als „richtiges“ e-Book veröffentlichen. Hierzu gibt es zahlreiche Anbieter, selbst Amazon oder Apple gehören dazu. Hierbei können (eher moderate) Kosten entstehen, und natürlich muss das Ganze mit Hilfe entsprechender Tools in die richtige Form gebracht werden. Tipps hierzu gibt es zum Beispiel bei der Karrierebibel.

Eine weitere Möglichkeit, die ich vor Jahren mit meiner eigenen Diplomarbeit genutzt habe, ist die Veröffentlichung eines oder mehrerer Artikel zu den Ergebnissen der Arbeit in einer Fachzeitschrift. Das setzt natürlich voraus, dass man einen Redakteur von seinem Thema überzeugt. Alternativ könnten Absolventen solche Artikel auch als Gastbeiträge den Betreibern von Fachblogs anbieten.

Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass die Frage der Publikation einer Abschlussarbeit je nach wissenschaftlicher Disziplin mit anderen Nuancen beantwortet wird. Und natürlich sollte man zunächst kritisch die Qualität der eigenen Arbeit betrachten. Und man sollte für sich klar überlegen, wie viel Aufwand man in die Publikation stecken kann. Da Wissenschaft für mein Empfinden der Öffentlichkeit bedarf, favorisiere ich immer den freien Zugang zu Publikationen. Dies ist auch mit Blick auf Bewerbungschancen bei Unternehmen positiv: Denn ein potenzieller Arbeitgeber kann sich so ein sehr gutes Bild von der Qualtität einer Arbeit machen und sieht nicht nur deren Titel in einem Verzeichnis.

Liege ich mit diesen Einschätzungen einigermaßen richtig? Habe ich wichtige Aspekte und Tipps vergessen?

11 Kommentare

  1. Ich habe meine Masterarbeit damals bei einem Verlag untergebracht, wie von dir erwähnt als Book on demand. Der Verlag hat dann den Preis auf horrende 79 Euro festgesetzt, was für den Absatz nicht wirklich förderlich war. Zeitgleich versuchte ich das Buch auch bei O’Reilly unterzubringen. Entstanden ist ein gänzlich neues Werk ohne viele Zitate, Fussnoten und Verweise für Praktiker. Wer ein Buch verlegt, muss wissen, für wen er das tut. Eine hervorragende Arbeit mag in den Uni-Kontext passen, aber nicht notgedrungen in die Praxis. Reichweite erreicht man auch mit der Aufbereitung von Teilthemen und verständlicher und leserfreundlicher Sprache in einem Blog. Das gibt einen wirkungsvollen Leistungsausweis gegenüber potentiellen Arbeitgebern und Kunden … oder einem Verlag, so wie ich das erlebt habe.

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    1. Danke für Deine hilfreichen Hinweise!
      Zum Pricing: Bei einigen e-Book-Anbietern gibt es mittlerweile die Möglichkeit, den Preis selbst festzulegen. Dass man als Student (oder auch als Praktiker) für eine 1:1 veröffentlichte Abschlussarbeit vermutlich kaum mehr als 10 bis 20 Euro bezahlen würde, scheint mir plausibel.
      Die Klarheit in Bezug auf die Zielgruppen ist natürlich sehr wichtig, das stimmt – und wirkt sich doch im Zweifel sehr auf die Gestaltung aus.

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  2. Ich habe meine Diplomarbeit (Aufbaustudium, vom Unfang und zeitlichen Aufwand eher einer Bachelor-Arbeit vergleichbar) bei Books on Demand (heute Akademikerverlag?) veröffentlicht. Das war für mich weder mit hohem zeitlichen Aufwand noch mit Kosten verbunden und in den ersten Jahren haben sich zumindest wenige Hundert Bücher zum zivilen Preis von ca. 20 Euro verkauft. Außerdem habe ich als Berufsanfängerin zumindest bei themenaffinen Gesprächspartnern (Corporate Citizenship) davon profitiert, eine Publikation vorweisen zu können.

    Allerdings habe ich die Tage beim Ego-Googlen entdeckt, dass es eine „inhaltlich veränderte Fassung“ auf Amazon gibt – dem muss ich unbedingt nachgehen (dieser Beitrag erinnert mich daran!); ich habe einer solchen Änderung nämlich definitiv nie zugestimmt. War bisher keine Priorität, weil es aktuell sicher „heißeren“ Stoff zu dem Thema gibt als meine damaligen Ergüsse.

    Wenn ich das heute nochmal machen würde, würde ich darauf achten, dass der Kontext (Abschlussarbeit etc.) in der Kurzbeschreibung explizit erwähnt wird, damit eventuelle Kunden etc. das richtig einordnen. Solange das gegeben ist, schäme ich mich nicht für mein Geschreibsel von vor 12 Jahren, auch wenn heutige Publikationen sich natürlich anders lesen würden.

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    1. Danke für’s Teilen Ihrer Erfahrungen, das ist sehr hilfreich! Ich würde sagen, eine solche Aktion ist auch sehr erfolgreich, wenn einmal mehrere hundert Bücher verkauft werden – die meisten wissenschaftlichen Publikationen (Print) dürften auch keine höhere Auflage als 2.000 bis 3.000 Exemplare erreichen. 20 Euro erscheinen mir auch ein attraktiver Verkaufspreis zu sein.

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  3. http://www.bod.de bietet sehr gute Konditionen und sehr guten Vertrieb, da alle relevanten Shops (Amazon/Thalia/ibook Store) angeschlossen sind. Das Buch wird sowohl als gedruckte Version, als auch E-Book angeboten und der Autor muss keine Mindestauflagen bestellen, denn es geht ab Auflage 1 los.

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  4. Hallo und zunächst danke fuer den hilfreichen Artikel. Ich werde meine Abschlussarbeit in Kürze bei ePubli veröffentlichen und habe hier interessante Anregungen gefunden! Eine Sache jedoch umtreibt mich noch…

    Ich wuerde gern den Titel der ISBN VÖ abändern – hat da jemand Erfahrungen, geht das? schliesslich ist die Arbit unter anderem Titel an der Uni geprüft worden…oder könnte man den Hinweis auf den tatsächlichen Titel als Schmutztitel einbauen? Oder reicht möglicherweis schlicht der Hinweis, dass es sich um die „überarbeitete Version der Abschlussarbeit“ handelt?

    Wäre dankbar für jeden Tipp :)

    schoene Weihnachten!

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    1. Würde die letzte Variante empfehlen und dabei auch transparent machen, wie der Originaltitel hieß und wann die Arbeit wo eingereicht wurde. Viel Erfolg!

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  5. Ich habe mit Bod ebenfalls sehr gute Erfahrungen gemacht. Obwohl es ein Onlineverlag ist, habe ich wertvolle Unterstützung erhalten. Das hätte bei einem anderen Verlag auch nicht besser laufen können. Den Verkaufspreis konnte ich selbst festsetzen und über die Wahlmöglichkeiten diverser Servicepakete kann man dort auch die Kosten für die Veröffentlichung ziemlich konkret regulieren. Ich würde es wieder so machen und kann diese Methode nur sehr empfehlen.

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