Wikis an Hochschulen

Sitze gerade an meinem Part zu einem Artikel über Erfahrungen mit drei Wikis an drei Hochschulen, den ich gemeinsam mit Steffen Büffel aus Trier (net-wiki.de) und Sebastian Schmalz aus Münster (kowiki.uni-muenster.de) schreibe. Der Artikel entsteht, wie es sich gehört, kollaborativ – in unserem Fall in einem gemeinsamen Google-Dokument. [[[Update: Inzwischen ist der Artikel erschienen]]]

Bei der Darstellung der Erfahrungen mit dem PR-Wiki, das ich mit dem ersten Jahrgang der Online-Journalismus-Studenten 2004 aufgebaut habe und das seitdem mal mehr, mal weniger intensiv meine Lehrveranstaltungen unterstützt, sind mir ein paar Dinge nochmal bewusst geworden. Dazu muss ich erläutern, dass ich im Laufe der Zeit mit mehreren studentischen Gruppen unterschiedliche Einsatzszenarien ausprobiert habe. Ein paar Learnings (eine erste Sammlung):

  • Bei einem öffentlich zugänglichen Wiki scheint es Hemmschwellen zu geben, zunächst Textfragmente hineinzuschreiben und dann kollaborativ daraus einen Artikel entstehen zu lassen. Die meisten Studenten, die die Aufgabe hatten, einen Text im Wiki zu veröffentlichen, haben diesen in einer Textverarbeitung vorbereitet.
  • Von einigen Studierenden wurde das Publizieren im Weblog PR-Fundsachen oder gar eine Hausarbeit als attraktiver empfunden als das Verfassen von Wiki-Beiträgen.
  • Im PR-Wiki bereits veröffentlichte Artikel werden praktisch nicht weiter bearbeitet (trotz z.T. fachlich dringender Notwendigkeit), sofern hierzu vom Dozenten keine Vorgabe gemacht wird. Ob dies eine Motivationsfrage ist, es andere Hemmschwellen gibt oder es einfach an kritischer Masse fehlt, vermag ich nicht sicher einzuschätzen.
  • Das Sammeln kommentierter Links im Wiki, wie wir es eine Zeit lang gemacht haben, hat sich überlebt, seit es Social Bookmarking-Dienste mit Gruppenarchiven gibt.
  • Recht gut bewährt hat sich innerhalb des PR-Wikis jener Teil, den ich „Workspace“ genannt habe. Hier können Studenten bzw. studentische Teams Seiten beginnen, um ihre Projektarbeit zu begleiten oder Listen zu führen. Dazu zählt z.B. auch eine Liste mit gewünschten Neuanschaffungen für die Bibliothek. Oder Studierende haben während einer Lehrveranstaltungen stichpunktartig Ergebnisse ihrer Gruppenarbeiten ins Wiki geschrieben. Außerhalb des Seminarraums hat es allerdings selten funktioniert, das Wiki z.B. als Brainstorming-Plattform zu verwenden.
  • Ein im letzten Semester begonnenes rein internes Wiki hat sich für das Projektmanagement sehr gut bewährt. Es hat die Recherche- und Schreibphase der Case Studies zu Web 2.0-Projekten in der PR begleitet. Der „Schutz vor der Öffentlichkeit“ wurde von den Studierenden für diesen Verwendungszweck als zwingend empfunden. Unter anderem wurden dort to-do-Listen, kommentierte Kontaktlisten, Bewertungen, Leitfäden etc. gemeinsam erarbeitet. Hier hat das Wiki viele, viele E-Mails und Unübersichtlichkeit erspart.

Mit der Zeit hat sich also die Rolle des Wikis als Publikationsplattform für Fachartikel mehr und mehr hin zur Projektbegleitung verschoben. Allerdings stößt man im Projektmanagement dann auch relativ rasch wieder an Grenzen: So haben wir Rechercheergebnisse in Mister Wong gebookmarked, begleitend haben die Studenten gebloggt und für einige Zwecke haben wir die e-Learing-Plattform der Hochschule, Blackboard, eingesetzt. Alles in allem nahezu ein Overkill an Tools, deren Integration sich die meisten Studenten gewünscht hätten (zumal natürlich noch ein paar weitere Funktionen, die in Projektmanagement-Systemen selbstverständlich sind, hübsch wären). So bin am Überlegen, ob ein Wiki, das Social Bookmarking, Tagging und am besten noch Bloggen integriert, sinnvoll sein kann bzw. ob es so etwas schon gibt. Weiß jemand mehr dazu?

In den nächsten Tagen werde ich nochmal in mich gehen und überlegen, welche Rolle das Wiki für den nächsten Jahrgang von Studierenden spielen kann. Dazu wird sicher auch nochmal die Abgrenzung zwischen geeigneten Inhalten für ein Blog und für ein Wiki zu treffen sein, wie Heinz Wittenbrink zu Recht anmerkt.

>> Meine Erfahrungen mit Weblogs in der PR-Ausbildung (muss ich demnächst auch akualisieren).

11 Kommentare

  1. Es gibt eine ganze Reihe von „Blikis“, also von Tools, die Wikis und Blogs integrieren. Das erste und mir immer noch sympathischste ist Vanilla. Enorm viele Möglichkeiten bietet das PhpWiki, mit dem man auch bloggen kann. Eine Alternative sind vielleicht Content Management Systeme wie Plone oder Drupal, die Wikis und Blogs als Inhaltstypen anbieten und darüberhinaus Taxonomiemodule enthalten. Sinnvoll wäre wohl ein eigenes Wiki, um die Erfahrungen mit allen diesen Tools im Unterricht zu sammeln…

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  2. Gute Idee. Bin mal gespannt auf die noch ausstehenden Erfahrungen der Kollegen mit ihren Wikis. Das könnte dann mal ein Grundstock sein.

    Über Blikis habe ich schon nachgedacht, sie aber wieder verworfen, weil sie meines Wissens keine Taxionomie bieten, die mir fast wichtiger ist als die Möglichkeit zu bloggen. Wir werden da wohl mehr in Richtung Drupal denken müssen. Danke für die Hinweise!

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  3. Pingback: Verweisungsform.de

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