Auf dem Fundraising-Kongress hat gestern die Berufsorganisation der professionellen Spendenwerber, einen Ethik-Kodex verabschiedet. Nach dem enormen Vertrauensverlust in das Fundraising, den vor allem Unicef ausgelöst hatte, geht es den Nonprofit-Organisationen nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen. Dass der 19 Punkte umfassende Kodex für ethisches Fundraising bei einer Enthaltung einstimmig angenommen wurde, ist sicher ein wichtiges Zeichen, das der Deutsche Fundraising-Verband da setzen konnte. Wie zu erwarten, war die Frage von Provisionszahlungen an Spendenwerber am intensivsten diskutiert worden, wird aus der Diskussion berichtet.
Im Wortlaut ist der Kodex bei menschenfischer.net nachzulesen. Ich will nur auf einzelne Aspekte kurz eingehen. Zunächst war ich erstaunt, im Kodex Dinge zu lesen, die ich für absolut selbstverständlich halte (z.B. Achtung der Menschenwürde, Orientierung an Recht und Gesetz), bei anderen Punkten denke ich, ist es gut, dass sie formuliert sind (z.B. Transparenz, keine Vorteilsnahme, Respektierung der Privatsphäre, Datenschutz). Am wichtigsten jedoch ist aus meiner Sicht, dass es einen Schiedsausschuss geben soll, dessen Rolle ich ähnlich sehe wie die von Presserat oder PR-Rat: als oberste Beschwerdeinstanz für alle, die den Eindruck haben, dass eine Organisation gegen die Grundsätze verstoßen hat.
Doch die Frage der Bezahlung von Fundraisern scheint mir mit der jetzigen Formulierung des Kodex noch nicht dauerhaft geklärt zu sein. Im Kodex heißt es unter Punkt 14:
„Vergütung
Wir treten ein für eine leistungsgerechte Vergütung aller entgeltlich im Fundraising Tätigen und die transparente Handhabung von Vergütungsmodellen. Eine Vergütung überwiegend prozentual ohne Begrenzung zum Spendenerfolg und zu akquirierten Zuwendungen lehnen wir ab.“
Damit ist betont, dass Fundraising nicht ausschließlich ehrenamtlich funktioniert, sondern dass da in den meisten Fällen (und zu Recht) Profis am Werk sind, die entsprechend bezahlt werden müssen. Hier gibt es bekanntlich unterschiedliche Modelle. Während manche Organisationen nur mit fest angestellten Fundraisern arbeiten, die meist ähnlich wie im öffentlichen Dienst entlohnt werden, existieren auch Dienstleister, die sich ganz auf Mitglieder- bzw. Spendenwerbung konzentrieren, und schließlich gibt es noch die besonders umstrittenen Provisionsmodelle (pdf). Dass diese besonders problematisch sind, gesteht offenbar auch der Verband zu, weshalb von einer Deckelung die Rede ist- allerdings durch eine wie ich finde sehr, sehr weiche Formulierung. Ob das als vertrauensbildende Maßnahme genügt?
In der Kommunikationspraxis würde ich mir jedenfalls wünschen, dass auf der Website einer Spenden sammelnden Organisation Ross und Reiter benannt werden. Dazu gehören aus meiner Sicht u.a. die Satzung der Organisation, eine nachvollziehbare Rechnungslegung (Einnahmen, Ausgaben, Verwaltungsanteil), laufende Projektberichte und schließlich die Offenlegung des Bezahlungsmodells der Fundraiser. Dann kann sich jeder Spender selbst sein Bild machen.
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