„Gib mir keinen Like“ – Kleiner Semesterrückblick

Wie läuft es denn im Studiengang Onlinekommunikation? Und: Was hast Du dieses Semester eigentlich so gemacht? Diese beiden Fragen habe ich in letzter Zeit öfter gehört, deshalb auch hier ein kleiner, ganz persönlicher Rückblick auf das Sommersemester 2016. Ein Stichwort lautet: „Gib mir keinen Like“ – so heißt eine Low Budget-Kampagne, die ein Studententeam entwickelt hat.

Vier Semester gibt es nun den Studiengang Onlinekommunikation (#onkomm), vor ein paar Tagen haben wir den ersten Jahrgang ins Praxissemester verabschiedet, der zweite hat sein Grundlagenjahr abgeschlossen. Was mich besonders freut: Die meisten sind noch dabei, unsere Abbrecherquote ist also niedrig, und ich habe den Eindruck, dass sich die meisten Studierenden als Teil einer Community und wir Lehrenden uns als Team verstehen.

Die für mich persönlich wichtigsten Neuerungen in diesem Semester: Das Thema Content Strategie hat nun so viel Raum, dass ich hierzu eine eigene Lehrveranstaltung anbieten konnte, in die wir auch das Content Strategy Camp #cosca16 integrieren konnten. (Fürs nächste Semester bereite ich Content Development & Curation vor). Und wir haben es geschafft, mit 20 Studenten bei der re:publica dabei zu sein. Über beide Veranstaltungen haben die Studies ausführlich berichtet, unter anderem im Blog PR-Fundsachen, aber sie haben auch getwittert, gesnapt und Facebook gefüttert. Bei Kollegen haben die Viertsemester unter anderem auch Online Monitoring/Opinion Mining sowie Web Analytics in jeweils eigenen Modulen auf dem Lehrplan gehabt, Themen, die früher in kurzen Lerneinheiten in anderen Veranstaltungen untergebracht werden mussten.

Low Budget in der Lernagentur

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Kleiner Preview: Mit dem Festival zum SciFi-Autoren Stanislaw Lem soll auch eine junge Zielgruppe angesprochen werden (Bild: Lernagentur Onkomm).

Besondere Bedeutung im Semesteralltag haben sicher die Lernagenturen. Jan-Kristian Jessen (qundg) und ich haben eine von vier solchen Projekt-Veranstaltungen angeboten und eine Gruppe von etwa 15 Studies dabei gecoacht, als studentische PR-Agentur für drei Kunden zu arbeiten. In allen Fällen ging es zunächst um die Entwicklung von Kommunikationsstrategien, dann aber auch um deren (erste) Umsetzung oder die Vorbereitung dazu – jeweils unter dem Vorzeichen von Budgets von nur ein paar hundert Euro. Eine Aufgabe war die Unterstützung der Markteinführung japanischer Bausteine (Nanoblocks). Zweitens wurde für das Polen-Institut in Darmstadt ein Konzept entwickelt, um ab Herbst ein Festival zum SciFi-Autoren Stanislaw Lem zu begleiten. Und im dritten Projekt ging es im Auftrag des hessischen Landesverbands Evangelische Frauen um die Entwicklung einer Kampagne, die für einen reflektierten Umgang mit Bewertungen im Netz sensibilisieren soll. Heraus gekommen ist hierbei das Motto „Gib mir keinen Like“. Die Idee ist, die Vielschichtigkeit von Bewertungen im Netz bewusst zu machen: Dazu gehören die willkommene Orientierung, wenn es um die Bewertung von Produkten geht, aber auch die Schwierigkeiten, wenn Menschen sich von Likes abhängig machen oder wenn Fake-Bewertungen in Shops zu finden sind.

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Mit dem Paradoxen zu spielen ist eine Idee, die zum Thema Bewertungsgesellschaft entstanden ist (Bild: Onkomm-Lernagentur).

Erfreulich: Die von den Studenten ausgedachten Maßnahmen werden in den nächsten Wochen und Monaten umgesetzt, ein paar Baustellen säumen bis dahin noch den Weg. Aber mir hat besonders gut gefallen, wie das Team detailliert eine Übergabe an Nicht-PR-Profis vorbereitet hat – unter anderem durch eine Social Media-Schulung, Leitfäden, Redaktionspläne etc. Für mich ist das ein kleiner Punkt, weshalb ich denke, dass sich die Idee bewährt hat, im Studiengang Onlinekommunikation die Felder Marketing, PR und Corporate Learning zusammenzubringen (die Themen aller Lernagenturen sind hier).

Neue Professur in Sicht

Wie geht es nun weiter? Durch den Hochschulpakt zwischen dem Land Hessen und den Hochschulen sollen wir weiterhin mehr Studienplätze an Fachhochschulen schaffen. Für uns bedeutet dies, dass Onlinekommunikation künftig pro Jahr 75 Studienplätze haben soll, ursprünglich waren 60 vorgesehen (aufgrund der großen Nachfrage hatten wir aber ohnehin schon bisher mehr Studies). Positiv dabei ist, dass wir entsprechend mehr Ausstattung bekommen. Hoffentlich sehr rasch wird bei uns u.a. eine neue Professur für Online-Markenführung und -Management ausgeschrieben (und für einen Kollegen suchen wir bald und zwei halbe Vertretungen für das Gebiet Multimedia-Technologie).

Und wie fühlt sich das Ganze nun an?

Diese Frage hatte mir einer meiner Kollegen am Tag unserer Projektpräsentationen gestellt. Kurz zusammengefasst: Ich freue mich sehr, wie alles ins Laufen gekommen ist und habe den Eindruck, dass die Studierenden beider Jahrgänge schon einiges mitgenommen haben. Für die achtzig Viertsemester hat es geklappt, ein Praktikum zu bekommen und viele der bisherigen Zweitsemester jobben neben dem Studium bereits in Agenturen, Marketing- oder Kommunikationsabteilungen.

Gleichzeitig ist für mich natürlich ein etwas komisches Gefühl, dass wir nun die letzten Absolventen des Studiengangs Online-Journalismus verabschiedet haben, die sich für einen PR-Schwerpunkt entscheiden konnten. Dort habe ich zwölf Jahre lang sehr gern unterrichtet. Mit der Gründung von Onkomm jedoch war es uns sinnvoll erschienen, das Thema PR dort und nicht als Schwerpunkt in einem Journalismus-Studiengang anzubieten. Einen beiden Studiengänge fortsetzenden Master beginnen wir gerade auf den Weg zu bringen. Ich denke, das kann für die Studierenden und uns Dozenten sehr spannend sein….

(Headerbild vom cosca16: Alina Drewitz für PR-FundsachenCC BY 2.0)