PR-Rat findet Leihbeamte gut

Vorweg das Positive: Der PR-Rat als Selbstkontrollgremium der Branche (vergleichbar mit dem Presserat) tritt seit einiger Zeit offensiv und meist mit klaren Worten an die Öffentlichkeit. Relativ zeitnah werden ethisch problematische PR-Aktivitäten diskutiert und offen kritisiert. In einer aktuellen Entscheidung kann ich dem PR-Rat aber nicht folgen, denn ich kann nichts Positives daran finden, wenn Unternehmen (oder NGOs) Mitarbeiter in die Ministerialbürokratie entsenden. Worum genau geht es?

In mehreren Sendungen des Magazins Monitor ging es um die Entsendung von Fraport-Mitarbeitern in das Hessische Wirtschafts- und Verkehrsministerium. Wem solche Konstellationen nicht geläufig sind: Die Mitarbeiter der Firmen bleiben bei solchen Deals üblicherweise bei diesen auf der Payroll. Man darf davon ausgehen, dass sie sich auf auf einem Ministerialsessel ihrem Arbeitgeber mindestens moralisch verpflichtet fühlen. Im Fraport-Fall wurde der Vorwurf erhoben, dass ein ins Ministerium entsandter Mitarbeiter die vom eigenen Arbeitgeber beantragten Nachtflüge zu genehmigen gehabt und bewilligt habe. Laut PR-Rat konnte dieser Vorwurf nicht bestätigt werden. Ok, ich gehe davon aus, dass diese Frage intensiv geprüft wurde. Doch der nächste Satz in der Pressemitteilung des PR-Rates stößt mir auf:

„Der Rat begrüßt grundsätzlich die Abordnung von Mitarbeitern in Ministerien und Behörden…“

Wie? Warum? Weil Ministerien so Personalkosten sparen und externes Fachwissen nutzen können? Weil so mehr Verständnis für die jeweiligen Arbeitsweisen entstehen kann? Oder weil Lobbyinteressen so zielgenauer platziert werden können? Was im Einzelfall am ehesten zutrifft, lässt sich außen kaum beurteilen, weshalb LobbyControl zu Recht urteilt:

„Das zeigt den beschränkten Blickwinkel des DRPR auf strukturelle Machtungleichgewichte und Verflechtungen. Für uns ist die Mitarbeit von Lobbyisten in Ministerien mit demokratischen Prinzipien nicht vereinbar. Mal sehen, wie der Bundesrechnungshof diese Thematik in seinem anstehenden Bericht Anfang nächsten Jahres bewertet. „

Abgesehen von der gesellschaftspolitischen Sichtweise kann man auch aus Unternehmensperspektive zu dem Schluss kommen, dass solche Entsendungen riskant, weil reputationsgefährdend sein können. Übrigens ist das Risiko nicht nur bei den Unternehmen, sondern gilt auch für ein Ministerium, in das Bürger Vertrauen verlieren könnten. Genug Gründe, von solchen Leihmodellen Abstand zu nehmen, finde ich…
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3 Kommentare

  1. „Der gekaufte Staat“, von Kim Otto u. Sascha Adamek, Kiepenheuer-Verlag, ein „Muss“ für die, die die schockierende Realität in ihrem Ausmaß noch nicht erfasst haben. Mehr als nur lesenswert!!!

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