Wie bleiben Kommunikationsprofis fit im Job? Umfrage zum lebenslangen Lernen

Wer meint, mit dem Bachelor- oder Masterzeugnis in der Hand endlich ausgelernt zu haben, hat sich getäuscht. Für viele geht es im Job erst richtig los mit dem Lernen. Dessen Form allerdings verändert sich: Statt vorgegebener Themen und formaler Kurse steht für viele Berufstätige das informelle und eigenverantwortliche Lernen nun im Vordergrund. Wer fachlich fit bleiben will, muss Strategien des lebenslangen Lernens haben. In ihrem PhD-Projekt untersucht Pia Sue Helferich am Beispiel von PR-Profis, wie das Social Web hier helfen kann. Es wäre toll, wenn Ihr sie unterstützen und bei der derzeit laufenden Befragung mitmachen würdet.

Die Frage des lebenslangen Lernens beschäftigt mich seit einigen Jahren. Zunächst aus eigenem Interesse: Schließlich forsche und lehre ich zu Onlinekommunikation, also einem Feld, das sich rasend schnell verändert. Und auch wenn ich jedes Jahr ein Seminar zu Online-PR anbiete, so muss ich jedes Mal einige Inhalte aktualisieren. Ganz ähnlich geht es Beraterinnen in PR-Agenturen: Empfehlungen, die vor zwei Jahren auf der Höhe der Zeit waren, würden sie heute vielleicht so nicht mehr geben. Oder ein Beispiel aus unserer Hochschule: Der erste Jahrgang des Studiengangs Online-Journalismus verließ die Hochschule vor elf Jahren; das Wissen, das damals erlernt wurde (thematisches Fachwissen und nicht Kompetenzen wie Schreiben) ist zum großen Teil überholt, und die ehemaligen Studierenden müssen die Veränderungen mitbekommen und lernen, was diese für ihre Arbeit bedeuten. Laufend verändern sich Mediennutzung, Meinungsbildung, Plattformen, deren Funktionen, Codes genauso wie die Akzeptanz von Kommunikationsformen etc..

Strategien des informellen Lernens

Und weil ich lange Zeit in meinem engeren Umfeld wenige Sparringspartner zum Thema Online-PR hatte, habe ich durch Ausprobieren mir selbst Lernstrategien überlegt, um als Dozent auf dem Laufenden zu bleiben. Neben eher formalen Veranstaltungen wie Tagungen (sehr wichtig, wenn es um Forschung geht), spielen für mich Fachliteratur und besonders das Web eine wichtige Rolle: Vor etwa zwölf Jahren etwa bezog ich einen großen Teil aktuellen Wissens zur Onlinekommunikation aus internationalen Blogs.

Doch seit dieser Zeit frage ich mich auch, wie man eigentlich Studierende an der Hochschule darauf vorbereiten kann, dass sie Strategien entwickeln, um auch später fachlich auf dem Laufenden bleiben zu können. Einer meiner zentralen Ansätze ist – wie schon mehrfach hier berichtet – das Social Web zu nutzen: Lernen, indem man sich mit anderen vernetzt, indem man Blogs liest, Leuten, die etwas zu sagen haben, auf Twitter folgt etc. – und natürlich selbst sein Wissen teilt: Durch eigenes Publizieren im Netz oder in Diskussionen im Seminarraum. Hinzu kommen als weitere Möglichkeiten die Teilnahme an Barcamps, Webmontagen, später im Beruf dann an Arbeitskreisen in Verbänden – kurz: Communities of Practice. Irgendwann in der Berufskarriere kommen dann oft auch klassische Strategien wie der Besuch formaler Schulungen dazu.

Barcamps sind ein Beispiel, wie man in einer Community informell lernen kann.
Barcamps sind ein Beispiel, wie man in einer Community informell lernen kann.

Forschungsprojekt: Wie halten sich Kommunikationsprofis fachlich fit?

Gleichzeitig ist eine sehr spannende Forschungsfrage, wie denn Kommunikationsprofis selbst ihr lebenslanges Lernen organisieren, wenn sie einmal ein paar Jahre im Beruf sind. Genau dies ist das Thema der PhD-Arbeit von Pia Sue Helferich, die übrigens unter anderem Mitarbeiterin in unserem Projekt “Mittelstand 4.0 Agentur Kommunikation” ist. Dort haben sie ihre Kollegen die Aufgabe, Multiplikatoren zur Digitalisierung von Marketing und Kommunikation auf dem Laufenden zu halten.

Doch zurück zum Forschungsprojekt, in dem es sehr stark um gemeinsames informelles Lernen in Communities und Networks of Practice geht: Bereits durchgeführt hat Pia 16 ausführliche Interviews mit Kommunikationsprofis. Die ersten Ergebnisse: Die Interviewpartner lernen hauptsächlich durch Interaktion mit anderen, learning by doing und Gespräche auf Veranstaltungen oder mit Hilfe von Social Media. Die Strategien der Interviewpartner lassen sich nach individuellen und sozialen Strategien unterteilen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist das persönliche Netzwerk der Interviewpartner: Personen des persönlichen Netzwerks empfehlen – online oder im persönlichen Gespräch – wichtige Themen, neue Kontakte oder stehen für Diskussionen und Gespräche zur Verfügung.

Was wieder zurück zum Studium führt: Alle Interviewpartner halten Lebenslanges Lernen für wichtig, sind sich aber auch darin einig, dass dieses Lernen erst einmal erlernt werden muss. Formale Weiterbildungen hatten übrigens im Rahmen der Interviews wenig Relevanz, wenn es um Branchenthemen geht, sondern eher in Bereichen wie Projektmanagement oder Führungsskills.

So, und jetzt kommt der nächste Forschungsschritt: Mit Hilfe der bereits erwähnten Onlinebefragung sollen nun die Ergebnisse der qualitativen Forschung auf breitere empirische Basis gestellt werden. Wir wären also sehr froh, wenn möglichst viele Kommunikationsprofis den Online-Fragebogen ausfüllen würden. Das Ganze dauert ein paar Minuten, aber wir hoffen auf interessante Erkenntnisse.

Wie geht es weiter?

Nach der Auswertung der Online-Befragung ist dann ein weiterer qualitativer Forschungsschritt vorgesehen, und zwar in Form von Gruppendiskussionen. Zu Beginn des kommenden Jahres sollte das Ganze abgeschlossen sein.

Und dann? Sehen wir mal, im Moment sind wir am Überlegen, künftig Kommunikationsprofis darin zu unterstützen, mit Hilfe von Vernetzung und dem Social Web in ihrem Job auf dem Laufenden zu bleiben. Das Ganze geht also mehr in die Richtung “das Lernen im Social Web” zu befähigen als formale Weiterbildungen anzubieten. Zwar wird für Hochschulen natürlich auch immer wichtiger, berufsbegleitend ganze Studiengänge anzubieten, aber Menschen beim lebenslangen informellen Lernen zu coachen, finden wir auch sehr spannend. Eine Idee, die auch auf andere Berufe übertragen ließe.

 

Fotos vom cosca16: Alina Drewitz für PR-Fundsachen, CC BY 2.0