Das Web 2.0 – und besonders Weblogs – und seine Chancen und Risiken für die PR sind immer wieder Thema studentischer Abschlussarbeiten. Oft geht es dabei um relativ grundsätzliche Fragen, die sich gelegentlich auch wiederholen. Das ist auch ok so, schließlich sind für Diplomanden Abschlussarbeiten, die an anderen Hochschulen entstanden sind, meist nicht verfügbar. Die folgenden Fragen kommen von Studentin der Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Uni Wien und sollen ihr für ihre Bakkalaureatarbeit weiterhelfen. Viel Erfolg!
Sehen Sie in der Verwendung von Weblogs die Zukunft der PR?
Nein, die Zukunft nicht. Weblogs können aber ein Instrument der PR sein. Jeder, der PR plant, sollte so vorgehen, wie bisher auch: die Situation analysieren, Ziele definieren, eine Strategie festlegen und Maßnahmen, wie diese umgesetzt werden soll. In diesem Prozess kann es sich zeigen, dass Weblogs im Einzelfall sinnvoll sind oder nicht.
Generell aber wandelt sich die PR: Reine Einwegekommunikation, die bisher im Mittelpunkt der Praxis stand, wird etwas an Bedeutung verlieren. Gleichzeitig werden dialogorientierte PR-Strategien (und damit auch Instrumente, die dies ermöglichen wie z.B. Weblogs) an Bedeutung gewinnen – allein schon, weil dieser Dialog mehr und mehr von den Bezugsgruppen eingefordert wird. Doch um Missverständnisse zu vermeiden: Dies gilt nicht für jedes Unternehmen, und Einwegekommunikation wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Eignet sich die Verwendung von Weblogs zur Krisen-PR? (Früherkennung von Krisen) Wenn ja in welcher Art und Weise sind sie einsetzbar?
So wie Unternehmen auch die Medienberichterstattung im Sinne des Issues Monitoring auswerten, sollten sie Weblogs nicht ignorieren. PR-Abteilungen sollten in jedem Fall wissen, welche Blogs es gibt, die sich mit Themen beschäftigen, die auch für das Unternehmen von Bedeutung sind. Möglicherweise kommen die PR-Praktiker dann zum Ergebnis, dass die Blogosphäre für sie momentan weniger relevant ist. Für Marken würde ich dies jedoch eher bezweifeln. Und natürlich ist es notwendig, sich alle paar Wochen neu umzuschauen.
Grundsätzlich erwarte ich von einer zeitgemäßen PR zumindest, dass sie z.B. nach dem Namen des eigenen Unternehmens, den eigenen Markennamen und den Namen der Top-Manager kontinuierlich sucht bzw. automatisierte Suchabfragen laufen lässt – unabhängig davon, ob bestimmte relevante Blogs gefunden wurden, die laufend gelesen werden.
Im Fall einer Krise kann ein Blog natürlich ein sinnvolles Instrument sein, mit dem schnell über die aktuelle Entwicklung berichtet wird. Dies setzt allerdings einige Erfahrung im Umgang mit Blogs als Instrument und Bloggern als Kommunikationspartnern voraus. Wer unerfahren erst in der Krise die ersten Schritte mit Weblogs macht, läuft Gefahr, die Krise zu verschlimmern.
Was wird durch Weblogs für den PR Treibenden in Bezug auf seine Arbeit einfacher? Was ist vielmehr zu beachten?
Die Welt wird für den PR-Treibenden erst mal komplizierter, denn mit Weblogs und anderen wichtigen Anwendungen des Web 2.0 (z.B. Communities, Podcasts) entstehen viele neue Arenen der Öffentlichkeit. Dafür hat er die Möglichkeit, noch bevor die klassischen Medien Themen aufgreifen, von Diskussionen der eigenen Bezugsgruppen zu erfahren und kann mit diesen ggf. auch in eine Diskussion einsteigen.
Dienen Weblogs Ihrer Meinung nach als Meinungsbilder einer gesamten Öffentlichkeit/Zielgruppe oder nur der Opinion Leader?
Blogger als Autoren können sich zu Opinion Leadern entwickeln. Sicher sind Blogs nicht Meinungsbildner einer gesamten Öffentlichkeit, aber sie können Anteil daran haben. Beispiel: Wenn ein Konsument ein bestimmtes Produkt kauft und kontinuierlich von seinen Erfahrungen damit in einem Weblog berichtet (Beispiel: Mein 1erBlog), ist es wahrscheinlich, dass andere Konsumenten, die überlegen, dieses Produkt anzuschaffen, über Suchmaschinen auf diese Beträge stoßen und sich womöglich an den berichteten Erfahrungen orientieren (ähnlich wie bei Amazon oder ciao)
Wird es Ihrer Meinung nach neue Aufgabenfelder oder sogar Berufsgruppen innerhalb der PR durch Weblogs geben?
Aufgabenfelder: ja (ergibt sich aus den anderen Antworten). Berufsgruppen: Ich glaube nicht an wirklich neue Berufsgruppen, aber an einen zunehmenden Bedarf an PR-Leuten mit hoher Kompetenz in Online-PR.
Ist es Ihrer Meinung nach sinnvoll, selbst als PR Treibender im Interesse der Firma zu bloggen? Sollte man sich dabei zu erkennen geben?
Wer sich dabei nicht zu erkennen gibt, hat die Regeln der Blogosphäre nicht verstanden – egal, ob PR-Mensch oder Mitarbeiter einer anderen Abteilung. Zum ersten Teil der Frage: Pauschale Antworten sind hier kaum möglich, da dies von vielen Konstellationen abhängt (Konzeption des Blogs, Kommunikationssituation des Unternehmens, Branche etc.) In der Praxis haben sich Gruppenblogs sehr gut bewährt (z.B. Frosta). Hierdurch kommen unterschiedliche Themen und Perspektiven aus einem Unternehmen ins Blog. Alternativ kann es sehr spannend sein, unterschiedliche Mitarbeiterblogs zu fördern. Je nach ihrer Tätigkeit können sie mit ihren Blogs unterschiedliche Bezugsgruppen adressieren. In der Tendenz stehen gerade PR-Leute nicht im Ruf, authentisch zu kommunizieren, insofern kann hängt es sehr vom Thema des Blogs ab, ob es akzeptiert wird, wenn dieses von PR-Leuten geschrieben wird. In vielen Fällen scheint es mir sinnvoller, dass PR-Leute andere Mitarbeiter darin coachen, Weblogs zu nutzen. Legitim ist natürlich, in anderen Weblogs auch als PR-Mensch zu kommentieren – sofern er sich zu erkennen gibt und einen wirklichen Beitrag zur Diskussion leistet.
Ist es sinnvoll einen eigenen Blog (für die Firma) zu betreiben?
Die Frage stellt sich so pauschal nicht. Es kommt u. a. auf die Firma, den Markt, und die Kommunikationsziele an (s.o.). Und ganz wichtig: Es muss jemand da sein, der das gern und gut machen kann.
Sehen Sie die Weblogs als eine kostengünstige Form der externen PR?
Nein. Das Einrichten eines Weblogs ist zwar eine geringe finanzielle Investition. Allerdings wird für den laufenden Betrieb viel Arbeitszeit benötigt.
Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile der Weblogs in der internen PR? (der eigene Mitarbeiter als Blogger)
Ein sehr weites Feld. In Kürze sehe ich diese Vorteile: Verbesserung der Kommunikation innerhalb von Teams, aber auch die Möglichkeit der Vernetzung zwischen Teams (ortsunabhängig), Reduzierung des Mail-Aufkommens; CEO-Blog: direkter Dialog bzw. authentische Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Leitung.
Nachteile: erfordert einige Zeit und Disziplin
Glauben Sie an eine verminderte Nutzung der „klassischen Medien“ durch den PR Treibenden?
Dann wäre er leichtfertig: Auf absehbare Zeit wird der Journalismus eine dominierende Rolle in der Meinungsbildung spielen. Mögliche Ausnahme: spezielle Fachthemen bzw. Themen, die speziell in Internet-Öffentlichkeiten diskutiert werden.
Können Plattformen wie Second Life der PR hilfreich sein oder sehen Sie deren Chancen eher für die Werbung? (Stichwort Product Placement).
SL und ähnliche Plattformen bieten aus PR-Sicht zwei mögliche Vorteile: Erstens kann man das SL-Engagement zum Thema eigener PR machen. Dieser Effekt hat sich meiner Meinung schon länger abgenutzt. Zweitens kann es sein, dass man in SL relevante Bezugsgruppen trifft, mit denen man gerade in dieser Plattform sinnvoll kommunizieren kann. Mein Gefühl dazu ist, dass die Wahrscheinlichkeit hierfür für die meisten Unternehmen gering sein dürfte (was keine individuelle Analyse ersetzt).
Sehen Sie in Weblogs eine Möglichkeit der emotionalen Bindung des Kunden an das Unternehmen?
Grundsätzlich ist dies möglich, in einzelnen Fällen sogar besser, als mit anderen PR-Instrumenten. Gut gemachte Weblogs bieten die Möglichkeit, dass ein Unternehmen nicht als anonymer Betrieb, sondern authentisch und lebendig wahrgenommen wird (Beispiel 1 | 2).
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