Über Pinterest ist in letzter Zeit so viel geschrieben worden, dass ich schon überlegt habe, ob ich das jetzt auch noch soll (hier geht’s zu einer Blogparade). Aber nachdem ich jetzt schon ein Weilchen damit herumgespielt habe, schildere ein paar Eindrücke des aktuellen Hype-Netzwerkes. Wer’s nicht mehr hören kann: Ich schweige nach diesem Beitrag hierzu eine Weile still ;) Ansonsten: Zahlen und Daten gibt’s zum Beispiel hier und dort. Mein Zwischenfazit als PR-Mensch: Wer gute Bildbotschaften hat, kann diese über Pinterest einfach verbreiten. In welchem Maße man damit wirklich Kommunikationsziele erreichen kann, muss sich noch zeigen.
Meine erste Annäherung an Pinterest geschah mit einer Kindheitserinnerung: Als ich zur Schule ging, waren Sammelbildchen furchtbar in und machten so manche Verleger froh. Ob im Schreibwarenladen, in der Volksbank oder im Schokoriegel – je nach Verlag und Thema gab es ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle rund um die Bilder von Fußballern oder Olympioniken. Ich hatte damals immer vermutet, die Verleger scheffelten rund um Großereignisse so viel Geld, dass sie bis zur nächsten EM, WM oder Olympiade nicht mehr arbeiten mussten. Heute wundere ich mich, dass Sammelbildchen noch immer zu funktionieren scheinen. A propos: Gibt’s zur EM eigentlich schon Alben? Egal. Aber wahrscheinlich stecken hinter der Sammeleuphorie der ollen Fotos ganz ähnliche Motive, die auch die digitale Sammel- und Herzeigewut auf der relativ jungen Social Media-Plattform Pinterest anfeuern.
Die analogen Bildchen jedenfalls füllten begleitend zu wichtigen Ereignissen wie einer Fußball-WM die Hosentaschen vieler Kids. Herzeigen, tauschen, ins Sammelheft einkleben und sich darüber selbst darstellen – darum ging es und geht es noch heute. Pinterest ist da ganz ähnlich gestrickt: Seine Nutzer sammeln auch Bilder (und ein paar Videos), ordnen sie verschiedenen Alben zu, folgen den Alben anderer Nutzer und hamstern besonders tolle Bilder der anderen im eigenen Album. Das nennt sich dann repinnen.
Jedes Mal, wenn ich auf die Startseite von Pinterest gehe, bekomme ich ein seltsames Gefühl: All diese perfekten Bilder – Mode, Landschaften, Gadgets, coole Sprüche, Cartoons und nicht zu vergessen die türrahmengroßen Social Media (Pseudo-)Infografiken. Irgendwo beeindruckend, was die Leute Hübsches finden, wovon sie offenbar träumen oder womit sie später auch arbeiten wollen. Man übertrifft sich gegenseitig in gutem Geschmack. Aber ich bin ja mittendrin und mache es genauso.
Ein Sammelalbum (aka Board) habe ich mal unserem Mediencampus gewidment, sozusagen, um ein bisschen visuelle PR zu betreiben. In einem anderen Album sammle auch ich Infografiken (lieber aber in Präsentationen verwendbare), in einem weiteren die Cover oder Ausschnitte von Fachbüchern. Als Nutzer lege ich also visuelle Bookmarks an, die der Selbstdarstellung oder der PR dienen können oder einfach der Organisation von Materialien, die ich später wieder verwenden möchte. Ein paar der gepinnten Infografiken habe ich tatsächlich schon für eine Präsentation nutzen können, einmal habe ich einen Pin auch hier im Textdepot eingebunden. Ohne Pinterest hätte das Ganze jedoch auch nicht anders ausgesehen.
„Es geht um Bekleidung, Mode, Inneneinrichtung, Urlaub, Bücher und sonstige Produkte, die man schön auf Fotos darstellen kann. Das Wording ist sehr an – entschuldigen Sie bitte – Frauenzeitschriften angelehnt.“
Beispielhaft zu besichtigen bei Nordstrom oder Modcloth. Zudem präsentiert Werner Zahlen, die belegen, dass 80 Prozent der Pins nicht von den Usern originär hochgeladen bzw. festhalten werden, sondern Repins darstellen. Gute Bilder wandern also in viele Alben und verbreiten sich auf diese Weise. Hier ist sicher ein Unterschied zu reinen Foto-Communities wie flickr zu sehen (wobei Picasa in Verbindung mit Google+ etwas anders zu sehen ist). In Bezug auf Pinterest wird noch zu analysieren sein, welche Arten von Bildern (thematisch und stilistisch betrachtet) eher verbreitet werden als andere.
Die grundsätzliche Frage ist natürlich, wie sich Pinterest entwickelt. Bisher ist die deutsche Community extrem klein (ca. 69.000 Unique User im Januar) und noch immer nicht öffentlich; in den USA gibt es zu dieser Zeit 11 Millionen User. Bekanntlich wird jedoch die Reichweite überbewertet – entscheidend ist schließlich, Beziehungen mit den jeweils wichtigen Stakeholdern zu pflegen, um Kommunikationsziele zu erreichen. In den USA ist beispielsweise der Anteil junger Mütter, die schon Facebook intensiv nutzen, auf Pinterest besonders groß (weitere Daten). Immerhin, der Aufwand, Pinterest zu nutzen, ist nicht groß, wenn man ohnehin über gutes Bildmaterial verfügt. Sehr gut vorstellen kann ich mir, dass jenseits der Hochglanzbilder zum Beispiel auch authentische Kampagnenbilder einer NGO funktionieren könnten (mehr zu Nonprofits bei mashable) oder auch Bildwettbewerbe zu bestimmten Themen oder Produkten. Hier kann sicher noch einiges ausprobiert werden – gegebenenfalls auch der direkte Weg in den Online-Shop. Beispiele für deutsche Unternehmen auf Pinterest wurden ebenfalls schon einige besprochen. Entscheidend ist für mich auf jeden Fall, dass visuelle Botschaften in der Kommunikation eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Was beim Nutzer identitätsfördernd sein kann, kann bei Unternehmen die Markenwahrnehmung (oder die Wahrnehmung bestimmter Themen) unterstützen. Inwieweit das wirklich wirkt, muss wie gesagt erst noch untersucht werden.
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