2018 wird das Jahr des MuBlogs. Naja, vielleicht.

In der Zeit zwischen den Jahren hat man die Muße, ein paar liebgewonnene Dinge zu polieren und über Neues nachzudenken. Manche nehmen sich auch was vor. Für die hat Steffi Tönjes nebenan ein paar Tipps. Eigentlich genießen wir es ja, wenn mal ein bisschen weniger passiert. Dann haben wir mehr Zeit für uns selbst und für andere. Blöd allerdings ist diese Zeit schon immer für Journalisten, die dennoch die Zeilen füllen müssen. Saure-Gurken-Zeit hieß das mal.

Damit in dieser Gurkenphase die Themen nicht ausgehen, hat man irgendwann mal mit Jahresrückblicken begonnen. Wenn die nicht genug hergegeben, dann versucht man halt in die Zukunft zu schauen. Geht ja eigentlich nicht. Tja, dann – dann muss man halt irgendjemand fragen, der irgendwas weiß oder wichtig ist. Oder beides. Die Günther Jauchs der ernsthaften Medien fangen mit dem Eingelegten inzwischen schon Anfang Dezember an – warum auch nicht, Lebkuchen gibt’s ja auch schon im Spätsommer. Ich hab zwar keine Ahnung, wer das mag – also die Lebkuchen im Herbst und den besorgten jahresrückblickenden Jauch – aber irgendjemand muss ja. Auch wenn’s niemand zugibt.

Und weil solche medialen Rituale sich so schön eingespielt haben, spielen wir in Digitalien natürlich mit. Wie viele Blogposts habt Ihr schon gelesen, die die zehn erfolgreichsten Artikel des Jahres nochmal aufwärmen? Und wie viele Expertenstatements zu irgendwelchen wichtigen Ereignissen in Politik, Sport oder der Holzdübel- oder der Kommunikations-Branche? Das Schöne ist, dass viele dieser Experten wirklich etwas zu sagen haben und man sich bei manchen wünschen würde, sie nicht nur im Saure-Gurken-Umfeld zu hören. Zumindest die ersten dieser Rückblicks-/Ausblicksartikel lese ich richtig gern, zum Beispiel diesen zu Web-Design-Trends oder den Buzzfeed-Jahresrückblick, der eine zerstörte gemeinsame Realität feststellt. Artikel wie diese helfen beim Einordnen. Oft lerne ich was draus. Bei anderen denke ich, dass die Zitategeber mehr der Hoffnung der Self Fulfilling Prophecy unterliegen, wenn es um Trends geht. Aber hey, es geht um Wetten auf die Zukunft.

Wie auch immer. Ich habe mir gedacht, ich spiele da auch mal mit. Zuerst hatte ich nur mal Lust, mein Blog ein bisschen aufzufrischen. Gedacht, getan. Wer das Ding nicht abonniert hat, sondern die Website richtig besucht (ok, das machen nur noch ganz Wenige, glaub ich), sieht das Ergebnis vor allem auf der Startseite. Dort gibt es nun nicht mehr den neuesten Artikel in voller Länge, sondern Teaser zu mehreren Beiträgen. Vielleicht lädt das mehr zum Entdecken ein. Ja, ich weiß: Viele machen das schon lange so. Irgendwo habe ich neulich gelesen, dass sich das tatsächlich auf die Nutzungsintensität auswirkt.

Und was ist das jetzt mit dem MuBlog?

Seit kurzem probiere ich beim Bloggen herum: Das betrifft die Form und den Inhalt. Ein bisschen mehr Alltagsbeobachtungen, ein bisschen freier texten. Was ich künftig ergänzen möchte, ist Musik. Einerseits höre ich gern Musik, oft auch beim Schreiben. Andererseits:

Ein Blogpost könnte eigentlich einen Sound haben.

So bin ich auf die Idee gekommen, in Blogposts ein Musikstück einzubauen. “Mu” steht also für Musik, ein MuBlog ist demnach ein Blogpost, der auch eine musikalische Botschaft hat. Ok, die Bezeichnung “MuBlog” finde ich selbst ziemlich läppisch, aber mir fiel keine bessere ein (Euch? Dann gern in die Kommentare damit). Vor allem aber wollte ich auch mal für’s neue Jahr einen Trend ausrufen. Also: 2018 wird das Jahr des MuBlogs. Kidding, somehow.

Mein heutiger Sound: Backwards von Depeche Mode

Text-Auszug:

“We can track in all the satellites
Seeing all in plain sight
Watch men die in real time
But we have nothing inside
We feel nothing inside”

Und hier eine 360-Grad-Version

 

Ergänzung (2.1.18): Es gibt nichts, was nicht schon gibt: Ali Pasha Foroughi schrieb bei Twitter, dass er sich beim Schreiben seiner Artikel für das Hallo Frankfurt-Blog oft von Musik oder Gedichten inspirieren lässt. Versatzstücke daraus finden sich dann beispielsweise in (Zwischen-)Überschriften, Teasern oder an anderer Stelle im Blogpost, beispielsweise gibt es Rilke zum Barcamp RheinMain oder Johnny Cash-Songs als Überschriften für ein Portrait. Erfunden hat Ali Pasha das Ganze auch nicht, sondern irgendwo abgeschaut – wie das so ist im Web: Irgendjemand hatte die Idee schon…

Und nun, 2018? Nicht doch ein Vorsatz? Ein kleiner zumindest? Mir ist ein Zwischenruf der NZZ hängen geblieben:

„Mischt Euch ein“,

rief ein Kommentator den Akademikern zu und verwies darauf, dass die häufige Funkstille aus der Wissenschaft Emotionen und gefühlten Wahrheiten viel zu viel Platz lässt. Deshalb sollten Akademiker, die ohnehin öffentlich finanziert sind,

„…sich mit ihrer wissenschaftlichen Expertise einmischen, zu wichtigen Fragen Stellung beziehen, Hintergrundwissen anbieten, Lösungen skizzieren, Visionen präsentieren, Streit auslösen.“

Dem kann man als Einzelner sicher nur in winzigen Bruchstücken gerecht werden. Und mir ist bewusst, dass meine Perspektive eine sehr enge ist. Auf der anderen Seite: Besser ein paar Stimmen mit enger Perspektive als Schweigen im Walde. Na, einen sanften Vorsatz habe ich damit denn auch formuliert – auch wenn die oben erwähnte Steffi Tönjes mit mir da sicher nicht zufrieden wäre: Viel zu weich und nicht überprüfbar formuliert, höre ich sie kritisieren. Stimmt schon. Aber was soll’s, ich will ja nicht abnehmen.

Ich wünsche Euch ein gutes Jahr 2018 und würde mich freuen, wenn Ihr mich analog und/oder an der ein oder anderen Stelle begleitet.

5 Kommentare

  1. Mir fällt zwar keine bessere Bezeichnung als „MuBlog“ ein, aber ich finde die Idee toll und musste beim Lesen an den 2017 verstorbenen britischen Blogger und Kulturwissenschaftler Mark Fisher denken, der in seinen Texten Musikanalyse mit Gesellschaftskritik verbunden und sich politisch eingemischt hat:

    „Building a bridge between aesthetics and politics, critique and activism, with incomparable rigour and eloquence, Fisher was an exemplary engaged intellectual, a sort of post-rave John Berger perhaps. In recent years he settled into his role as a public figure, a charismatic speaker at countless events. His books, journalism and recorded appearances are one lasting legacy.“

    https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/jan/18/mark-fisher-k-punk-blogs-did-48-politics
    http://www.taz.de/!5374241/

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    1. Freut mich, dass meine kleine Idee vielleicht nicht ganz daneben ist. Vielen Dank für den spannenden Hinweis auf Mark Fischer, der sicher in einer ganz anderen Liga zu sehen war.

      Ich bin weit entfernt vom Musikkritiker oder -spezialisten. Mein Eindruck beim Bloggen in den letzten Jahren war jedoch, dass man schon durch die Fotoauswahl Atmosphäre – manchmal vielleicht auch eine zusätzliche Botschaft – vermitteln kann. Wenn es gelingt, die Wahrnehmung von Blogbeiträgen durch die Auswahl eines Musikstücks (sinnvoll? inspirierend? provokativ?) zu ergänzen, fände ich das schon ganz schön. Mal schauen, ich probier’s jedenfalls mal eine Weile.

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      1. Gerne. Ich bin gespannt auf die mit Musikstücken angereicherten Blogbeiträge.

        Für mich als Leser war es zum Beispiel eine ganz neue Erfahrung, durch Fishers Bezüge auf Musikstücke einen „Sound“ zu seinen theoretischen Überlegungen zu haben.

        Über seine eher düsteren Thesen nachzudenken, während man durch die Stadt läuft und Joy Division Songs hört, auf die er sich bezieht, war wirklich intensiv.

        Vielleicht klappt ein ähnlicher Effekt – dass nämlich das Gelesene plötzlich auf einer irgendwie sinnlicheren Ebene verarbeitet wird – auch in Blogbeiträgen, ohne dass der Autor Musikspezialist sein muss. :)

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