Lesetipps zum Wochenende (kw10)

Sonntag, Zeit für die Lesetipps. Und da ich diese Woche zwei Tage an unserer Partnerhochschule in Luzern sein durfte (was wieder viel Spaß gemacht hat), hat mein Fotoblog neues Futter bekommen; ein paar Bilder daraus binde ich in nächster Zeit hier in Artikel ein. Nun aber zu den eigentlichen Themen.

Der heutige Tag wird von vielen als 3/11 bezeichnet – die Katastrophe von Fukushima vor einem Jahr somit in eine Reihe gestellt mit 9/11. Etiketten als Frames. Viele Facetten des Themas wurden in den letzten Tagen auf vermutlich allen Kanälen diskutiert. Aus PR-Sicht eine kleine Randnotiz: Die Vertreter „der deutschen Atomkonzerne“ wollten mit der taz nicht über die Energiewende diskutieren, Lobbyistin Astrid Petersen, die Vorsitzende der Kerntechnischen Gesellschaft schon. Klar, dass in solchen Situationen die Verbände an die kommunikative Front geschickt werden. Das ist eine ganz normale Strategie.

Besonderes Aufsehen erregte diese Woche die Kampagne der Organisation Invisible Children, die via Internet bewirken soll, dass der ugandische einer Rebellengruppe, Joseph Kony, gefangen wird. Er hat systematisch Kinder entführt, missbraucht, zu brutalen Kindersoldaten gemacht. Das Kampagnenvideo der Organisation wurde in wenigen Tagen auf YouTube 70 Millionen mal abgerufen, es wurde also eine enorme öffentliche Aufmerksamkeit hergestellt.

Dennoch gab es Kritik: Zum einen verfügt die NGO Invisible Children nicht über den besten Leumund, zum anderen gibt es deutliche Kritik aus Uganda selbst, wie die taz berichtet:

„Die Kampagne sei „ein Teil der Karikatur, die Norduganda mittlerweile geworden ist, schlichtweg Gewaltpornografie“, twittert der Publizist und LRA-Kenner Angelo Izama. „Das Muster Gut gegen Böse, wobei Gut offensichtlich weiß/westlich und Böse schwarz/afrikanisch ist, erinnert an die schlimmsten Zeiten der Kolonialära“, schreibt er. Verärgert ist auch Ugandas berühmteste Bloggerin Rosebell Kagumire: „Das Video klammert alle Friedensbemühungen aus und simplifiziert den Krieg gegen Joseph Kony (…)“

Das Beispiel zeigt also deutlich, wie schwierig Nonprofit-Kampagnen sind, vor allem, wenn sie von außen kommen. In der Berichterstattung interessant fand ich, dass das Wall Street Journal den Weg der Kampagne durch das Internet via Storify nachzeichnete.

Womit wir beim Journalismus wären. Genauer: Beim Prozessjournalismus. Der Guardian stellt die jeweilige Themenplan ins Netz und bekommt im Gegenzug von Lesern Tipps und Aufmerksamkeit. Nett hierbei ist, dass das Thema zum Beispiel in der Berliner Zeitung ausführlich vorgestellt ist – ob das als Botschaft der Redaktion zu verstehen ist? A propos deutsche Printmedien bzw. deren Online-Ableger: Tobias Gillen hat sich deren Twitter-Accounts angeschaut und kommt zu dem Schluss, dass Twitter meist doch nur als simple Linkschleuder verwendet wird. Von der Gegenwart in die Zukunft: Die Zeit, selbst im intensiv im Social Web unterwegs, bringt hierzu eine Artikelserie. Der erste Beitrag zu Datenjournalismus. Etwas Staub aufgewirbelt hat derweil mein Kollege Klaus Meier, der sich die Auflagenentwicklung von Tageszeitungen in den letzten 20 Jahren angeschaut und diese fortgeschrieben hat. Ginge die Entwicklung weiter wie bisher, erschiene 2034 die letzte gedruckte Zeitung. Dass das Ganze natürlich von vielen Rahmenbedingungen abhängt und diese Berechnung etwas spielerischen Charakter hat, ist klar. Vielleicht (und so hoffe ich) wird es immer Printzeitungen geben, aber es könnte mit dem Ende auch schneller gehen, wie Marcel Weiß argumentiert.

Und damit ab ins Netz. Hurra, delicious lebt. Ein bisschen zumindest, denn seit kurzem kann man den Bookmarkingdienst mit Twitter verbinden, so dass solche Tweets, die einen Link enthalten, ins Bookmark-Archiv wandern. Schön. Kann allerdings diigo schon lange. Bemerkenswerter und weitreichender sind die neuen Interessenslisten bei Facebook, die Thomas Hutter erklärt. Mit ihnen bekommt Facebook so etwas ähnliches wie eine Feed-Reader-Funktionalität. Heinz Wittenbrink hat schon mal eine solche Liste zum Thema Journalismus angelegt, die für andere wiederum abonnierbar ist (ähnlich wie Twitterlisten). Auf dass alle für immer und alles in Facebook bleiben. Oder doch nicht? Naja, man könnte ja mal schauen, welche Themen gerade auf Twitter intensiv diskutiert werden. Ein nettes Tool hierzu ist Trendsmap, das Matias Roskos vorstellt: Hier werden Twittertrends auf einer Weltkarte visualisiert.