Wenn sich PR-Praktiker mit Social Media beschäftigen – und das dürften mittlerweile fast alle sein – so entstehen eine Menge Fragen. Viele werden sicher unter Kollegen diskutiert, andere mit Beratern, einige werden auch an die Wissenschaft gerichtet. Für das Euprera Spring Symposium habe ich einmal versucht, letztere zusammenzutragen und zu systematisieren.
Klar ist: Viele Fragen tauchen immer wieder auf. Da ist zum Beispiel die Frage nach der Relevanz von Social Media allgemein (die ist nun fast historisch) oder nach einzelnen Tools. Dann gibt es jene nach dem Bedrohungspotienzial, aber auch die Frage, wie das Ganze funktioniert oder wie man als Unternehmen zuhört und aktive Kommunikationsstrategien entwickelt. Aktuell stellen viele Praktiker natürlich die Frage nach der Wertschöpfung, einige überlegen auch, ob und wie sie Ressourcen innerhalb der Kommunikation zu Gunsten von Social Media verschieben könnten.
Für meinen Vortrag auf der Konferenz habe ich versucht, Fragen dieser Art herauszufiltern und zu sortieren. Quellen hierfür waren verschiedene Studien (z.B. Social Media Governance, European Communication Monitor, MehrWert schaffen), aber auch viele informellen Quellen wie Workshops, Beratungen oder Podiumsdiskussionen, an denen ich in den vergangenen Jahren beteiligt war. Aus einem großen Fragenkatalog habe ich dann dreizehn Fragen als mir besonders typisch erscheinende herausgefiltert.
Das Interessante: Seit fünf, sechs Jahren höre ich immer wieder ähnliche Fragen. Meine Erklärung: Die Fragen lassen sich in einen Innovationsprozess einordnen, in den Unternehmen und Nonprofits-Organisationen zu verschiedener Zeit und mit verschiedener Geschwindigkeit einsteigen. Das bedeutet: Jede Phase dieses Prozesses hat ihre typischen Fragen.
Ich habe versucht, diese Innovationsphasen (entgegen klassischer Verständnisweise) folgendermaßen einzuteilen:
– Emergenz
– Verständnis
– Zuhören
– Planung
– Integration
– Evaluation
Als Berater oder Forscher könnte man also (zumindest grob) anhand der Fragen feststellen, in welcher Phase sich ein Unternehmen befindet. Allerdings würde ich dies nur mit Vorsicht, da ein linearer Innovationsprozess vermutlich höchstens auf dem Papier besteht. Für eine grobe Orientierung sollte es aber funktionieren (sofern eingefleischte Innovationsforscher nicht laut aufschreien).

Aus Sicht des Akademikers hat diese Matrix folgenden Charme: Ich kann zu jeder Frage bzw. zu jeder Innovationsphase überlegen, inwieweit man aus Hochschulsicht zur Beantwortung beitragen kann. Klar wird, dass ich im Sinne der Aktionsforschung einen engen Zusammenhang zwischen Forschung, Lehre und Beratung sehe. Konkretes Beispiel: Die von meinen Studenten im Unterricht erarbeiteten Fallbeispiele von Early Adopters helfen anderen Unternehmen, wenn es um grundsätzliches Verständnis geht. Vermitteln lässt sich dies nicht nur in einer Publikation, sondern kann ebenso wie eine Social Media Literacy dann u.a. in Workshops oder Weiterbildungen wie Zukunft Online-PR diskutiert werden. Das Fünf-Ebenen-Modell zur Planung der Online-PR ist dann logischerweise ein akademischer Beitrag zu Konzeption. Sicher sind noch ganz andere Beiträge der Wissenschaft denkbar, in die Matrix eingetragen sind hier erst mal nur Darmstädter Beispiele.
Grundsätzlich ist natürlich klar, dass die Wissenschaft der Praxis in vielen Fragen hinterherhinkt und auch zu Social Media in der PR aus Forschungssicht noch mehr ungeklärt als geklärt ist. Immerhin meine ich aber, dass man – ein entsprechendes Rollenverständnis der Forscher vorausgesetzt – zumindest punktuelle Beiträge der Forschung für die Praxis zeigen kann. Und schließlich könnte die zur Diskussion gestellte Matrix helfen, weitere Schritte in Richtung F&E zu entwickeln. Meine Vision: Ein Social Media Lab, in dem Anwender und Entwickler zu unterschiedlichen Fragen – bei weitem nicht nur der PR – zusammenarbeiten.
Hier noch mein Vortrag (leicht gekürzt), in dem ich auch auf Erfahrungen mit dem Wissenstransfer eingehe. Wenn ich’s schaffe, schreibe ich hierzu demnächst einen eigenen Artikel hier im Blog.
Vielen Dank für diese Perspektive auf das Thema. Ich weise gerne in meinem Blog darauf hin. Ist es in Ordnung, wenn ich Ihre Grafik einbinde?
Liebe Grüsse aus der Schweiz (hatten uns letztes Jahr in Luzern an der HSLU getroffen)
Daniela A. Caviglia
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Ja, das können Sie selbstverständlich. Danke für’s Weitertragen, ich freue mich auf Ihren Beitrag!
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Vielen Dank, Herr Pleil. Artikel geht übermorgen hier online: http://www.praesenz-effizienz.ch/news/28032011/innovationsphasen-von-social-media
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Prima, danke schön, Frau Caviglia!
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